Hertha BSC muss sich mit einem Unentschieden begnügen
Das Spiel war erst knapp zehn Minuten alt und noch in der Findungsphase, da zeigte Marc Kempf genau das, was sich Hertha BSC von ihm erhofft hatte. Es war keine kernige Grätsche, ein entschlossener Zweikampf oder ein gewonnenes Kopfballduell. Kempf, Herthas neuer Innenverteidiger, gerade erst vom Ligakonkurrenten VfB Stuttgart verpflichtet, machte eine wütende Geste in Richtung seines Kollegen Myziane Maolida, den er damit zu mehr Aufmerksamkeit ermahnen wollte.
Mentalität, Entschlossenheit, Kommunikation – auch darin hat Kempf seine Stärken. In seinem Kerngeschäft, dem Verteidigen, hinterließ er bei seinem Debüt für Hertha BSC ebenfalls einen überzeugenden und souveränen Eindruck. Und doch blieb dem 27-Jährigen der perfekte Einstand versagt.
Im ersten Spiel für seinen neuen Klub reichte es gegen den Aufsteiger Bochum nur zu einem 1:1 (1:0). Und so wartet der Berliner Fußball-Bundesligist auch nach dem dritten Versuch weiterhin auf den ersten Heimsieg in diesem Jahr.
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Kempf war von den vier Spielern, die Hertha in der Wintertransferperiode verpflichtet hatte, der einzige, der es gleich in die Startelf geschafft hatte. Fredrik Björkan, der zuletzt gegen die Bayern bereits sein Debüt in der Fußball-Bundesliga gefeiert hatte, und der Südkoreaner Dongjun Lee saßen auf der Bank.
Etwas überraschend fand sich dort – zum ersten Mal überhaupt – auch Suat Serdar wieder, der in dieser Saison nicht nur insgesamt Herthas wohl bester Spieler ist, sondern der auch noch im Hinspiel in Bochum seine ersten beiden Tore für die Berliner erzielt hatte.
Sein Fehlen machte sich zunächst nicht nachteilig bemerkbar. „Man kann sagen, dass wir die richtige Starformation auf dem Platz hatten“, fand auch Herthas Trainer Tayfun Korkut. „Das war die beste erste Halbzeit, seit ich da bin.“ Nachdem seine Mannschaft in den vergangenen Spielen, vor allem gegen Union und die Bayern, durch ungesunde Lässigkeit und fehlende Schärfe gerade zu Beginn aufgefallen war, wirkte sie diesmal von Anfang an sehr konzentriert.
Hertha war das bessere, reifere Team. Das Geschehen spielte sich vornehmlich in der Bochumer Hälfte ab. Vor allem wenn Hertha nach Ballverlusten gleich nachsetzte und der Sechser Santiago Ascacibar sehr hoch aufrückte, gerieten die Bochumer in Schwierigkeiten. Zog sich die Mannschaft hingegen hinter die Mittellinie zurück und ließ den VfL erst einmal machen, dann hatten die Gäste wenig Probleme. Offensiv aber waren sie vor der Pause erschreckend harmlos.
Zweites Saisontor für Belfodil
Hertha kombinierte recht gefällig, ohne dass aus der Überlegenheit allzu viele echte Torchancen resultierten. Die größte Gefahr für die Gäste ging von Distanzschüssen der Berliner aus. Schon früh prüfte Vladimir Darida Bochums Torhüter Manuel Riemann. Ascacibar und Maximilian Mittelstädt verfehlten mit ihren Versuchen das Tor.
Auch die Führung für Hertha fiel Mitte der ersten Halbzeit nicht aus dem Spiel heraus, sondern nach einem Freistoß. Stevan Jovetic, bei seinem ersten Startelfeinsatz seit sieben Wochen, zirkelte den Ball mit dem rechten Fuß von der linken Seite in die Mitte, Ishak Belfodil verlängerte mit dem Kopf ins lange Eck und traf mit seinem zweiten Saisontor zum verdienten 1:0.
Bochums Trainer Thomas Reis reagierte schon früh auf den harmlosen Auftritt seiner Mannschaft. Zur zweiten Halbzeit wechselte er gleich zwei Mal und brachte unter anderem mit dem früheren Unioner Sebastian Polter als Nebenmann für Winterzugang Jürgen Locadia einen zweiten wuchtigen Angreifer.
Der frühere Unioner trifft für den VfL zum Ausgleich
Und diese Entscheidung machte sich für Reis und sein Team umgehend bezahlt. Nicht mal drei Minuten waren nach der Pause gespielt, als Polter den Ausgleich für die Bochumer erzielte.
Nach einem langen Ball von Torhüter Riemann sahen sich Kempf und sein Innenverteidigerkollege Niklas Stark den beiden VfL-Stürmern gegenüber. Locadia schoss, Herthas Torhüter Alexander Schwolow ließ den Ball nur klatschen – und Polter staubte zum 1:1 ab.
Und plötzlich war sie wieder da: die Fahrigkeit bei Hertha BSC. Die Unsicherheit einer Mannschaft, die gegen den Abstieg kämpft, von Kombinationsfußball war nichts mehr zu sehen. Stattdessen zitterte den Berlinern ganz gehörig das Füßchen. „Darüber müssen wir reden“, sagte Korkut, der sich angesichts der veränderten Geschäftsgrundlage ebenfalls schon früh zu einem Wechsel gezwungen sah.
Herthas Trainer brachte nach nicht einmal einer Stunde Dongjun Lee, der zwar von den rund 2000 Hertha-Fans bei jedem Ballkontakt gefeiert wurde, jedoch blass blieb und fast ein wenig überfordert wirkte. Das Debüt des Koreaners zu beurteilen, das „wäre von meiner Seite zu früh“, sagte Korkut vielsagend.
Später brachte er auch noch Marco Richter, Björkan und Serdar. Der erwünschte Effekt aber blieb aus. In der gesamten zweiten Hälfte erspielte sich Hertha keine einzige Chance. Und so hatten sich die vor der Pause so harmlosen Bochumer das Unentschieden am Ende redlich verdient.