Geschwister-Scholl-Preis für Comic-Journalist Joe Sacco
Premiere beim Geschwister-Scholl-Preis: Erstmals wird mit dem renommierten Preis ein Comic ausgezeichnet. Wie der bayerische Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und die Landeshauptstadt München am Freitag als Preisstifter mitteilten, geht die Auszeichnung an Joe Sacco für sein Buch „Wir gehören dem Land“ (Edition Moderne) über die indigene Volksgruppe der Dene im Nordwesten Kanadas. Der Geschwister-Scholl-Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und soll am 29. November in München verliehen werden.
In der Jurybegründung heißt es, dass die Dene (zu deutsch: „Volk“) sich selbst mitten in einer Welt sähen, von der sie sich nicht abgrenzen. Der deutsche Titel von Joe Saccos Buch „Wir gehören dem Land“ bringe diese Weltsicht auf eine Formel.
Die Dene entnähmen dem Land nur das, was man zum Leben braucht. Dafür müsse man ihm aber etwas zurückzahlen. So sage es auch Saccos Originaltitel „Paying the land“, urteilte die Jury. Diese Ansicht sei das Gegenteil des Besitzindividualismus.
Im Fokus des Buches stehen laut Mitteilung die Auseinandersetzungen zwischen einheimischen Volksgruppen und dem Staat Kanada um die Gewinnung von fossilen Brennstoffen.
Die Behandlung der einheimischen Bevölkerung sei von amtlichen Stellen inzwischen selbst als eine Art Völkermord eingestuft worden, als kultureller Genozid. Mit der erstmaligen Auszeichnung eines Comics wolle die Jury die gezeichneten Zeitgeschichte in der historisch-politischen Aufklärung würdigen.
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Joe Sacco, der 1961 in Malta geboren wurde und heute im US-Bundesstaat Oregon lebt, sei ein Pionier, so die Jury weiter. Er habe eine literarische Gattung erfunden und ihr auch selbst einen Namen gegeben: „Comic-Journalismus“. Er reise seit den 1990er Jahren in Kriegs- und Krisengebiete, halte sich dort lange auf und nehme sich nach der Rückkehr noch mehr Zeit, um in eine Form zu bringen, was er erfahren hat.
Sacco nehme daher von vornherein eine historische Perspektive ein. Außerdem sei er ein Berichterstatter neuen Typus: „Indem er zeichnet, kann er mehr aufzeichnen als Fotografen, aber auch als Reporter, die nur Text produzieren.“ So entstanden etwa bewegende Einblicke in den Bosnienkrieg und die Situation der Menschen in den Palästinensergebieten.
Der Geschwister-Scholl-Preis wird seit 1980 jährlich vergeben für ein Buch jüngeren Datums, das von “geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern. (epd)