Europameisterschaft in Berlin: Deutsche Basketballer zittern sich ins Viertelfinale
Lange hatte es für die deutschen Basketballer im Achtelfinale der Heim-Europameisterschaft nach einem lockeren Sieg ausgesehen und sowohl die DBB-Auswahl als auch die Zuschauer hatten ihre Probleme damit, sich plötzlich auf diese enge Schlussphase einzustellen. Das deutsche Team wirkte nervös und die Fans mussten erst mal auftauen, nachdem sie in der ersten Hälfte noch Highlight nach Highlight bejubeln durften.
Im Schlussviertel war die schöne 24-Punkte-Halbzeitführung auf mickrige drei Punkte zusammengeschmolzen und Montenegro schöpfte immer mehr Hoffnung. Doch das deutsche Team erwachte gerade noch rechtzeitig. Johannes Thiemann legte Daniel Theis einen sehenswerten Alley-oop auf, Maodo Lo traf einen seiner bekannten Dreier, die Gastgeber kämpften. So blieb es bei einem Warnschuss. „Das sind K.o.-Spiele, da ist es scheißegal, wie man gewinnt. Hauptsache man gewinnt“, sagte Center Theis.
Mit 85:79 (19:10, 29:14, 19:26, 18:29) setzten sich die Deutschen gegen den großen Außenseiter Montenegro durch und stehen im Viertelfinale. Dort trifft das Team am Dienstag auf den Sieger des letzten Achtelfinales zwischen Griechenland mit Superstar Giannis Antetokounmpo und Tschechien am Sonntag (20.45 Uhr, Magentasport).
Bei großen Turnieren besteht oft ein großer Unterschied zwischen Vorrunde und K.o.-Spielen, doch die deutsche Mannschaft machte in Berlin auch ohne den an der Schulter verletzten Nick Weiler-Babb genau dort weiter, wo sie in der Gruppenphase in Köln mit vier Siegen aus fünf Spielen aufgehört hatte.
Zwar erzielten die Montenegriner durch Kendrick Perry die ersten Punkte, doch danach legten die Gastgeber mit einem 11:0-Lauf stark los. Daniel Theis bewegte sich gut unter dem Korb, Andreas Obst traf sofort einen Dreier und Dennis Schröder verteilte den Ball clever.
Dann verlor das deutsche Team allerdings kurzzeitig den Faden – und das lag vor allem an der bei diesem Turnier bisher nicht zu erkennende Linie der Schiedsrichter. Innerhalb weniger Minuten wurde Theis in der Zone von seinen Gegenspielern zwei Mal mit dem Ellbogen hart getroffen und seine Schmerzen wurden noch größer, als er realisierte, dass er dafür auch noch zwei Fouls kassiert hatte. Montenegro kam bis auf einen Punkt heran und die deutschen Spieler lamentierten kurz, stellten sich dann aber auf die sehr physische Regelauslegung der Referees ein.
Es folgte eine sehr überzeugende Phase der Gastgeber – auf beiden Seiten des Feldes. Das deutsche Team packte in der Defensive nun härter zu und fand vorne immer besser in den Rhythmus. Einen großen Anteil an diesem guten Lauf hatten auch die Berliner.
Maodo Lo zeigte sein ganzes Repertoire aus Dreiern, Korblegern und guten Pässen. Johannes Thiemann arbeitete wie immer unermüdlich unter dem Korb und im zweiten Viertel fand auch Franz Wagner, der erstmals seit seinem Abschied von Alba Berlin vor drei Jahren in seiner Heimatstadt spielte, seinen Wurf. Nach einem Dreier des NBA-Profis führte Deutschland sechs Minuten vor der Halbzeit bereits mit 32:14.
Die Gastgeber spielten sich nun in einen Rausch und das quittierte auch Dirk Nowitzki auf der Tribüne mit einem anerkennenden Lächeln. Besonders Dennis Schröder fand immer mehr Gefallen an diesem Spiel. Erst zog der Kapitän mit viel Tempo in die Zone und dunkte den Ball krachend über Marko Simonovic hinweg in den Korb. Wenig später ließ er seinen Gegenspieler mit einem Crossover ins Leere laufen und traf einen Sprungwurf aus der Mitteldistanz. Die Montenegriner konnten einem beinahe leidtun, so chancenlos irrten sie über das Spielfeld.
Das deutsche Team überzeugte hingegen wie schon in der Vorrunde mit einer großen Geschlossenheit und riss die 12.938 Zuschauer in der Arena mehrfach von den Sitzen. Es war nahezu egal, wer bei dem deutschen Team auf dem Feld stand, der Ball lief gut und die Spieler trafen überlegte Entscheidungen. In der Verteidigung hielten sie die Montenegriner zudem bei sehr schwachen Wurfquoten. Zur Halbzeit hatte die DBB-Auswahl mit 48 Punkten genau doppelt so viele erzielt wie der Gegner.
Zu Beginn des dritten Viertels wurden die Deutschen im Gefühl der hohen Führung sehr lässig und kamen mit der taktischen Umstellung der Montenegriner auf Zonenverteidigung nicht klar. Es schlichen sich Fehler ins Spiel, defensiv fehlte die Entschlossenheit der ersten Hälfte und das nutzte Montenegro mit einem 16:5-Lauf. „Wir haben gestern im Training an der Zone gearbeitet, aber heute sah es aus, als hätten wir noch nie eine Zone gesehen“, sagte Bundestrainer Gordon Herbert.
Auch als der Vorsprung schmolz, schafften es die Deutschen nicht, die Intensität wieder nach oben zu schrauben. Montenegro witterte seine Chance und kam in der Schlussphase sogar noch auf drei Punkte heran. Auch bei den Fans war die Anspannung zu spüren.
Erschwerend hinzu kam, dass Wagner bei einem Sprungwurf auf dem Fuß eines Gegners landete und umknickte. Der 21-Jährige verwandelte noch die fälligen Freiwürfe und humpelte anschließend auf die Bank. Am Sonntag soll die Schwere seiner Verletzung mit einem MRT abgeklärt werden. Ob es für einen Einsatz im Viertelfinale reicht, ist momentan fraglich. Ganz sicher ist jedoch, dass 20 gute Minuten am Dienstag, wenn der Gegner vermutlich Griechenland heißt, nicht reichen werden.
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