„Dieses Jahr läuft alles so gegen mich“
Äußerlich hatte sich Alexander Zverev nach der unerwartet frühen Niederlage beim Tennis-Masters in Indian Wells im Griff. Zwei Wochen nach dem Ausraster in Acapulco brauchte der Olympiasieger aber trotzdem erst mal seine Ruhe, bevor er am späten Sonntagabend (Ortszeit) über das 2:6, 6:4, 6:7 (2:7) gegen Tommy Paul aus den USA sprechen wollte.
„Ich muss ein bisschen in mich gehen und schauen, wie ich die Saison so ein bisschen umdrehen kann. Weil momentan läuft, glaube ich, alles in die falsche Richtung“, sagte der 24 Jahre alte Hamburger. „Letztes Jahr lief alles in meine Richtung in den letzten sechs Monaten, da habe ich alle diese Matches gewonnen, außer hier gegen (Taylor) Fritz. Und dieses Jahr läuft alles so gegen mich.“
Die Nummer drei der Tennis-Weltrangliste, im vergangenen Jahr mit sechs Turniersiegen – darunter Gold bei den Olympischen Spielen und Rang eins bei den ATP-Finals – auf einer beeindruckenden Erfolgswelle reitend, wirkte ratlos. Als er müde und auf einem Stapel Tische sitzend in den Katakomben des zweitgrößten Tennis-Stadions der Welt den Kopf immer wieder an die Wand lehnte und nach Antworten suchte, hatte er auch für sich selbst keine.
„Am Ende des Tages war ich mental relativ schwach heute. Ich war mental stark in der Hinsicht, dass ich das Match umgedreht habe. Aber dann, wenn ich es zu Ende spielen muss, war es katastrophal“, sagte er. „Ich bräuchte selber mal ein gutes Resultat wieder, das wäre, glaube ich, hilfreich.“
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So aber wird der Verlauf der Partie erst mal noch eine Weile in seinem Kopf bleiben. „Er hat natürlich Wahnsinn gespielt, das ist keine Frage. Aber ich hatte natürlich das Match auch irgendwann in der Hand im dritten Satz und hab dann ein unglaublich schlechtes Spiel gespielt bei 4:2“, analysierte Zverev und erkannte darin ein Muster für dieses Jahr: „Australien war katastrophal, Montpellier das Finale war nicht gut, jetzt hier, würde ich sagen, sollte ich das Match auch gewinnen am Ende des Tages“ – aber er tat es nicht.
Angelique Kerber hatte sich am Freitagabend noch aus einer schier ausweglosen Situation befreit und ihr Zweitrunden-Match gegen die Chinesin Qinwen Zheng gewonnen. Am Sonntag hatte sie dann trotz der Sorge um den Krieg in der Ukraine und der in diesen Zeiten speziellen Aufgabe gegen die Russin Darja Kassatkina keine Schwierigkeiten auf dem Weg ins Achtelfinale und ist als letzte Deutsche in Indian Wells noch aktiv.
Nur im Davis-Cup konnte Zverev in diesem Jahr überzeugen
Zverev dagegen konnte sich nicht selbst helfen. Zumindest suchte er auch keine Ausreden. Beim Sieg im Davis-Cup vergangene Woche in Brasilien echauffierte er sich noch über die pöbelnden Fans, in der Woche zuvor gab es den Ausraster in Acapulco. Da hatte er nach einer Niederlage im Doppel mit seinem Schläger auf den Stuhl des Schiedsrichters eingedroschen und war dafür disqualifiziert worden.
Seine Sperre von acht Wochen und die 25 000 US-Dollar Geldstrafe setzte die ATP aber für ein Jahr zur Bewährung fest, so dass Zverev beim Masters in Indian Wells antreten durfte. Wähnte er sich nach der Ankunft in Kalifornien noch grundsätzlich auf einem guten Weg, weiß er nun vor der nächsten Aufgabe in Miami, dass das nicht stimmt. (dpa)