„Die grüne Moderne“ in Köln: Es grünt so grün in den Museen

Für die Museen ist es eine bittere Pointe, dass ausgerechnet sie und ihre populärsten Werke zum Ziel der jüngsten Aktionen der „Letzten Generation“ geworden sind: dass Manet mit Kartoffelbrei beworfen, van Gogh mit Tomatensuppe überschüttet wird, um Aufmerksamkeit für die Klimakatastrophe zu erzielen.

Schließlich bemühen sich doch gerade die Ausstellungshäuser – eingestandenermaßen Klimaschleudern – darum, ihre CO2-Bilanz zu verbessern.

Der Hamburger Bahnhof hat seine Lichtinstallation von Dan Flavin an der Fassade vorläufig abgeschaltet, in Straßburg bleiben die Museen an zwei Tagen pro Woche geschlossen und wurde eine einstündige Mittagspause eingeführt, das Neue Museum Nürnberg akzeptierte im Sommer 23 Grad statt der bisheriger 19 Grad in seinen Sälen. Gewiss, es gibt immer noch viel mehr zu tun, vor allem der Neubau von Museen mit gewaltigen Foyers wie gerade am Berliner Kulturforum stimmt bedenklich. Doch haben die Kunsthäuser noch ein anderes Instrument, mit dem sie strategisch agieren können: ihre Ausstellungen.

Fotografie von Karl Blossfeldt: ein 15 mal vergrößerter Salbei.
Fotografie von Karl Blossfeldt: ein 15 mal vergrößerter Salbei.
© Museum Ludwig, Köln
Reproduktion: Rheinisches Bildarchiv Köln

So ist die Häufung von Ausstellungen zum Thema Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit in jüngster Zeit kein Zufall. Der Frankfurter Kunstverein zeigte „Trees of Life“, das Zentrum für Kunst und Moderne in Karlsruhe „Critical Zone“, die Kunsthalle Karlsruhe „Inventing Nature“, das Leipziger Museum der bildenden Künste „Zero Waste“. Gerade läuft im Kunstmuseum Bonn „Max Ernst und die Natur“ und die Langen Foundation in Neuss präsentiert „Controlled Burn“ von Julian Charrière.

Das Kölner Museum Ludwig aber hat sich mit „Grüne Moderne. Die neue Sicht auf Pflanzen“ ein Rundum-Paket verordnet. Die kuratorische Perspektive geht zwar zurück an den Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Comedian Harmonists den „Kleinen grünen Kaktus“ besangen und Albert Renger-Patzsch ihn fotografierte, als wäre er ein unbekanntes Wesen. Aber die Haltung des Museums richtet sich nach vorn, gen Zukunft.

So sind die Einladungskarten auf einpflanzbarem Samenpapier gedruckt, aus dem Blumen wachsen können; den Ausstellungskatalog gibt es nur noch digital; statt Folienschriften wurden die Wandtexte von Hand geschrieben, die ausgestellten Originale stammen aus der eigenen Sammlung; um Transportkosten und Verpackungsmaterial einzusparen, ersetzen Reproduktionen die Leihgaben.

Die Stadt Köln hat sich vorgenommen, bis 2035 Klimaneutralität zu erreichen, zehn Jahre vor der Frist, die Deutschland mit dem Klimaschutzgesetz anstrebt. Ein wichtiger Faktor dafür sind die Ausstellungshäuser der Stadt, das Ludwig könnte zum Vorbild werden. Das Museum wird darin unterstützt von der Bundeskulturstiftung im Rahmen des „Zero“-Programms, an dem andere Player wie die Staatskapelle Weimar oder das Wuppertaler Tanztheater teilnehmen.

Im Museum Ludwig stehen die Zeichen also auf Grün, auch wenn es in der aktuellen Ausstellung mehrheitlich Schwarz-weiß zugeht – Fotografie dominiert. Dokumentiert sind etwas Rosa Schapires „Kakteenheim“, das sich die große „Brücke“-Sammlerin von Karl Schmidt-Rottluff gestalten ließ, oder Marlene Dietrich mit überdimensionierter Blüte im Knopfloch ihres Frack-Revers als ironische Wendung ihrer männlichen Kleidung, zu der auch ein Zylinder gehört.

Im Film „Nosferatu“ von 1922 taucht eine fleischfressende Pflanze auf, der eine Fliege in die Falle geht. Der Grusel vor der Natur war damals wohl proportioniert. Die Angst vor den Folgen des Klimawandels ist dagegen längst weltumspannend.   

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