Die Geschichte von „Lady Liberty“ als Comic: Wie die Fackel der Freiheit nach New York kam

Als politisches Symbol und US-amerikanisches Wahrzeichen ist sie weltbekannt. Doch wie die vor gut 140 Jahren errichtete Freiheitsstatue einst ihren Weg aus Europa auf eine zuvor unbewohnte Insel im New Yorker Hafen fand, wissen wohl nur wenige Menschen. Ebenso, dass das ambitionierte Projekt wegen ausufernder Baukosten und anderer Probleme mehrere Male kurz vor dem Scheitern stand.

Unterhaltsame Aufklärung bietet jetzt der Sachcomic „Liberty“ (Splitter, 144 S., 29,80 €) des in New York lebenden, aus Deutschland stammenden Autors Julian Voloj, bekannt durch biografische Comics wie „Bill Finger – der wahre Schöpfer des dunklen Ritters“, sowie des Zeichners Jörg Hartmann aus Münster. Der hat sich unter anderem durch die Comic-Adaptionen der Krimi-Reihe „Wilsberg“ einen Namen gemacht.

Eine Seite aus „Liberty“.

© Splitter

Basierend auf akribischen Recherchen und mit einigen erzählerischen Freiheiten vermitteln die beiden ein faszinierendes Stück Zeitgeschichte. Dabei wird deutlich, dass die vom französischen Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi entworfene Kupferfigur mit der vergoldeten Fackel eine technische Meisterleistung war. Die Herstellung und Errichtung der „Lady Liberty“ waren verbunden mit enormen Anforderungen an Ingenieure, Stahlbauer, Statiker und andere Beteiligte.

Ein Geschenk freiheitsliebender Franzosen

Es zeigt sich auch, dass die Geschichte der offiziell „Liberty Enlightening the World“ betitelten Statue ein Paradebeispiel für politische Lobbyarbeit war.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Initiiert wurde das Projekt 1865 von einer Gruppe freiheitsliebender Franzosen, die den USA nach Ende des Unabhängigkeitskrieges ein symbolträchtiges Geschenk machen wollten. Deren aufwändige, von vielen öffentlichkeitswirksamen Aktionen begleitete Suche nach Unterstützern, Sponsoren und politischen Bündnispartnern ist einer der zentralen Erzählstränge des Buches.

Ein zweiter ist die von mehreren Rückschlägen begleitete Entstehungsgeschichte des Bauwerks, von den ersten Skizzen bis zur offiziellen Einweihung 1886.

Neben vielen technischen Details erfährt man hier auch, welche unterschiedlichen künstlerischen Einflüsse in der Verkörperung von „Lady Liberty“ zusammenkamen: von einem nie gebauten Leuchtturm am Suezkanal bis zur dominanten Mutter des Bildhauers, deren Gesichtszüge denen der Statue auffallend ähnlich sind, wie Hartmann in einigen Szenen sehr anschaulich vermittelt.

In halbrealistischen Zeichnungen mit dezent gedämpfter Farbgebung vermittelt der Illustrator viel Zeitkolorit. Seine dynamisch zu Papier gebrachten Figuren agieren vor kunstvoll aquarellierten Kulissen, die eine in der europäischen wie der US-amerikanischen Geschichte wichtige Epoche lebendig werden lassen.

Von einem Leuchtturm am Suezkanal inspiriert: Eine weitere Seite aus „Liberty“.

© Splitter

Volojs Erzählton ist sachlich gehalten, die Dialoge wirken authentisch, wenngleich man angesichts der Vielzahl der auftretenden Figuren nur wenigen von ihnen wirklich nahekommt.

Politische Botschaft der Freiheitsstatue ist aktuell

Gerade in jüngster Zeit war wieder zu merken: Die politische Botschaft des Bauwerks (dessen Erfinder vor sechs Jahren auch mal die Hauptrolle in einem Lucky-Luke-Comic spielte) ist auch 140 Jahre nach seiner Errichtung aktuell. Ebenso seine visuelle Ausstrahlungskraft. Das zeigte sich vergangenen Monat in den Tagen nach dem Wahlsieg Donald Trumps besonders deutlich in politischen Karikaturen und Cartoons: Eines der dort meistbenutzten Bilder war die Freiheitsstatue, in den USA ebenso wie in Europa.

Das Titelbild der deutschen Ausgabe von „Liberty“, erschienen im Splitter-Verlag.

© Splitter

Die Zeitschrift „The New Yorker“ etwa zeigte Frédéric-Auguste Bartholdis Figur als Seiltänzerin beim gefährlich aussehenden Balanceakt über den Hochhausschluchten New Yorks.

In einer düsteren Karikatur des Cartoonisten Patrick Chappatte, lange für die „New York Times“ und andere Medien tätig, hängt „Lady Liberty“ leblos an einem Strick, der aussieht wie eine von Trumps typischen roten Krawatten. Die Fackel der Freiheit liegt erloschen am Boden.