Deutsche Hockey-Frauen erleben Albtraum gegen Argentinien
Als dann am Ende des Viertelfinalspiels ein klares 0:3 (0:2) gegen Argentinien stand, gab es verschiedenste Erklärungsversuche auf Seiten des ausgeschiedenen deutschen Hockeyteams. Die Spielerinnen hatten Spiel und Gegnerinnen nie in den Griff bekommen, manche und mancher im Umfeld sprach trotzdem von Pech, aber an sich war die Angelegenheit klar, wie Cécile Pieper, die inzwischen auch schon routinierte Akteurin vom Mannheimer HC, fand: „Insgesamt ist es ein krasser Albtraum für uns.“
Das unerwartet frühe Aus bei Olympia, dieser krasse Albtraum, hatte sich in der Vorrunde nicht unbedingt angekündigt. Vier deutsche Siege gab es in Serie, gegen zum Teil schon Gegnerinnen von gehobener Qualität – aber dann kam das 1:3 gegen Weltmeister Niederlande im finalen Gruppenspiel und das war schon ein Indiz dafür, dass es schwer werden könnte in der K.o.-Runde. „Wir haben immer noch nicht von Anfang bis Ende das Topspiel gespielt, das muss jetzt kommen im Viertelfinale“, hatte Bundestrainer Xavier Reckinger gesagt.
Es kam nicht, das Topspiel. Schon nach 52 Spielminuten stand es 0:3, die Argentinierinnen waren klar besser. Franzisca Hauke beendete ihre erfolgreiche internationale Karriere am Montag nach fast 200 Einsätzen fürs Nationalteam und sagte: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich mein letztes Länderspiel für Deutschland verliere und das schon heute der Fall ist.“
Gefühlt haben die deutschen Hockeyspielerinnen eigentlich immer eine Medaille bei Olympischen Spielen gewonnen, auch wenn das natürlich nicht so war in den jüngsten Jahrzehnten. 2012 in London, davor 1996 in Athen und 2000 in Sydney gab es Spiele ohne Medaillen für die deutschen Frauen.
Letztmals hatte es 2012 in London keine Medaille für die Frauen gegeben
Und es gibt eben auch Gründe für das Abschneiden in Tokio, aufgrund der Situation mit dem Virus geriet in den Spielplänen und Maßnahmen des deutschen Hockeys viel durcheinander. Wie fast überall im weniger professionell aufgestellten Sport war im vergangenen Jahr monatelang Standby-Modus im Hockey angesagt. Und das hat Substanz gekostet in einer Sportart, die national seit Jahren um mehr Akzeptanz kämpft.
Für manche Spielerin lohnt das Hockeyspielen nicht, es ist zu viel Aufwand für wenig Entschädigung. Es gibt gute Spielerinnen, die lieber unterklassig antreten als in der Bundesliga, um sich etwa dem Reisestress nicht auszusetzen. Strukturell ist das deutsche Hockey weit von einer Nation wie den Niederlanden entfernt. Dort ist Hockey nicht nur Volkssport, sondern auch medial ein Renner.
[Höhepunkte, TV-Termine und Zeitplan der Olympischen Spiele hier auf einen Blick]
Und an diesem Ungleichgewicht wird sich wohl so schnell auch nichts ändern. Man sollte daher Medaillen nicht einplanen, sondern sich freuen, wenn es sie dann gibt – die deutschen Männer können am Dienstag mit einem Sieg im Halbfinale gegen Australien (12 Uhr) den entscheidenden Schritt dahin machen.
Was die Frauen betrifft, glaubt Bundestrainer Reckinger: „Mit ein wenig Abstand werden alle, die hier dabei waren, zurückschauen und analysieren, was sie besser machen können. Es ist eine junge Mannschaft mit viel Potenzial, die gestärkt daraus hervorgehen wird.“