Der Kunstmarkt muss sich auf die Digital Natives und Millennials einstellen
Die Galerie vor Ort bleibt wichtig, doch die Ausweitung in den virtuellen Raum ist unumgänglich. So lautet das Fazit einer Studie, die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe im letzten Herbst in Auftrag gegeben wurde. Insgesamt 107 Berliner Kunstmarkt-Akteur:innen haben an der vom Marktforschungsunternehmen Goldmedia durchgeführten Umfrage teilgenommen, zusätzlich wurden 25 internationale Fachleute interviewt.
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Es möge despektierlich klingen, so Werner Tammen, Vorsitzender des Landesverbands Berliner Galerien bei der Vorstellung der Studie, aber „ohne Corona wäre es nicht mit diesem Drive zum digitalen Ausbau gekommen“. Galerist Thomas Schulte ergänzt, dass die Pandemie zudem die Kommunikation untereinander gestärkt habe sowie den Dialog mit der Politik.
In der Politik hat ein Umdenken eingesetzt
Dass Letzterer Früchte getragen hat, dafür stehen nicht nur erste Förderprogramme, sondern – und das ist die bemerkenswerteste Erkenntnis aus der Studie – ein Umdenken in der Politik.
Ein geradezu flammendes Plädoyer hielt Michael Biel. Der Senat betrachte Galerien nicht länger als weichen Standortfaktor. „Sie sind ein Key-Factor!“, so der Staatssekretär. Die Kultur- und Kreativwirtschaft sei nicht nur für Unternehmen ein wichtiger Ansiedlungsfaktor, sie trage zur Attraktivität der Marke Berlin ebenso für Mitarbeiter oder Startups bei und diese würden insbesondere durch die florierende Galerienszene angelockt. Kompetente Medien-Fachkräfte allerdings sind rar und man sei „da plötzlich im Wettbewerb mit Startups aus der Venture-Capital-Szene“, wird Galerist Johann König in der Studie zitiert.
Nur acht Prozent der Galerien macht über eine Million Euro Umsatz
Konkurrenzfähig – auch das ein Ergebnis der Befragung – sind auf diesem Markt die Big Player. Das Gros der rund 345 Berliner Galerien spielt jedoch im Mittelfeld. So bezifferten 43 Prozent ihre Umsätze für 2019 zwischen 50 000 und 500 000 Euro, lediglich acht Prozent lagen oberhalb der Millionengrenze.
Das spiegelt sich auch im Einsatz digitaler Formate. Zwar nutzen nahezu alle E-Mails, eigene Webauftritte und Social Media, doch die jährlichen Investitionen für digitale Aktivitäten lagen bei zwei Drittel der Galerien unter 5000 Euro, und verantwortlich zeichnen vorwiegend die Inhaber:innen.
Junge Kunden erwarten Online-Shops oder Click-and-Buy-Angebote
Da knapp 40 Prozent von ihnen über 20 Jahre im Geschäft sind, dürften sie nicht zu den Digital Natives gehören. Doch gerade auf diese und die Millennials muss sich der Kunstmarkt einstellen, denn diese Klientel informiert sich im Internet, erwartet Online-Shops oder Click-and-Buy-Angebote.
Das Entwicklungspotenzial wird in hybriden Geschäftsmodellen ausgemacht, mit Video Guides, Online Viewing Rooms, Virtual oder Augmented Reality-Technologien und Plattformen wie artsy oder artnet. Suchmaschinenmarketing oder die Vernetzung über Drittanbieter böten im Hinblick auf Kund:innen-Daten einen großen „Schatz“ für Galerien und ihre globale Präsenz, sagt Kerstin Gold, externe Beraterin der Studie.
Die Studie liefert Handlungsanleitungen – für Galerien und Politik
Im Kunstmarkt laufe die Abwicklung der Digitalisierung und des E-Commerces vor allem über die USA, so die Kunstmarktexpertin: „Wir müssen für die entsprechende Infrastruktur sorgen, damit sie sich hier ansiedelt.“ Dafür bietet die Studie Handlungsanleitungen – für Galerien wie die Politik.