Der Kopf bleibt oben
Der Blick von Hans Lindberg war starr nach vorne gerichtet. Fast schon teilnahmslos hatte der Rechtsaußen der Füchse in der Pressekonferenz Platz genommen, neben ihm sein Trainer Jaron Siewert, der ähnlich betäubt sein Gesicht in seiner linken Hand vergrub. Die Enttäuschung war den beiden nach der 30:33-Niederlage ihrer Mannschaft am Dienstagabend gegen HBC Nantes und dem damit verbundenen Ausscheiden in der European League mehr als deutlich anzusehen.
„Wir haben nicht die Leistung gebracht, die es auf dem Niveau von uns gebraucht hätte. Dafür wurden wir bestraft und Nantes ist zu Recht weiter“, musste Lindberg einräumen. Der Routinier, der mit fünf Treffern wieder einmal zu den erfolgreichsten Werfern seiner Mannschaft gehörte, beschönigte die Umstände in keiner Weise. Er wusste genau, dass die Berliner sich die Niederlage selbst zuzuschreiben hatten, nachdem sie sich in dem phasenhaften Spiel in der Schlussphase zu viele Fehler erlaubt hatten.
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Dabei sah es bis zur 45. Minute, als das Team mit drei Treffern in Front lag, noch gut aus. Doch Nantes nahm eine Auszeit, sortierte sich neu und schaffte es trotz Unterzahlsituation die Partie zu drehen. „Da hatten wir alle Möglichkeiten und haben dann die Kontrolle verloren“, sagte Siewert, der die Gründe für das Versagen seiner Mannschaft zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich greifen konnte. Sicher, die Abwehr stand im Zentrum nicht kompakt genug und war dadurch nicht immer eine ausreichende Unterstützung für den Torhüter. Und ja, zu viele klare Chancen wurden nicht genutzt. Aber warum der Auftritt in den Schlussminuten – entgegen den zuletzt souveränen Leistungen in der Bundesliga – derart von Nervosität geprägt war, konnte sich der 27-Jährige nicht erklären.
„So eine Phase hatten wir in Frankreich auch. Woran das liegt, ist gerade schwierig zu sagen. Da müssen wir erst einmal analysieren“, war auch Lindberg um eine Antwort verlegen, und versuchte, den Blick nach vorne zu richten. „Wir sind heute natürlich enttäuscht, weil wir uns mehr vorgenommen hatten. Aber in ein paar Tagen geht es weiter und dann versuchen wir, unsere anderen Ziele zu erreichen.“
Nach dem Aus im DHB-Pokal und nun ebenso in der European League, bleibt den Füchsen nur noch, sich in der Liga bestmöglich zu positionieren. Wenngleich der SC Magdeburg dort mit nur vier Minuspunkten die Spitze abgeschlagen anführt, konnten sich die Füchse immerhin knapp vor Kiel und Flensburg platzieren und haben im Rennen um den zweiten Champions-League-Platz für die nächste Saison weiterhin gute Chancen. „Wir müssen jetzt den Kopf hochhalten“, sagte Siewert.
Ähnlich enttäuscht wie die Berliner Riege war der TBV Lemgo-Lippe. Der Deutsche Pokalsieger musste sich zur gleichen Zeit ebenfalls aus dem internationalen Geschäft verabschieden. Nach einer guten Anfangsphase erreichte das Team von Florian Kehrmann nur ein 28:28-Unentschieden gegen Orlen Wisla Plock und konnte somit nicht das Drei-Tore-Minus aus dem Hinspiel wettmachen.
Erfolgreicher lief es für den letzten der vier deutschen Vertreter – die Rhein-Neckar-Löwen waren bereits in der Qualifikation gescheitert – aus Magdeburg. In einer ebenso temporeichen wie physisch anspruchsvollen Partie setzte sich der Primus der HBL gegen Benfica Lissabon durch und qualifizierte sich für das Viertelfinale.
Nach den jüngsten Ergebnissen sind die verbliebenen Teilnehmer in diesem Jahr so gemischt, wie lange nicht mehr. Wenn am 26. April und 3. Mai die nächste Runde ausgespielt wird, trifft Nantes auf Magdeburg, die Kadetten Schaffhausen auf Plock, RK Nexe auf GOG und SL Benfica auf RK Gorenje Velenje. Es ist ein Einbruch in dem sonst von deutschen Klubs dominierten Wettbewerb, bei dem in den vergangenen vier Jahren immer mindestens zwei deutsche Vertreter bei den Halbfinals teilnahmen.
Das Konzept der Europäischen Handball Föderation (EHF) scheint demnach aufgegangen. Der Wettbewerb ist spannender und um einige Nationen reicher. Das alles hilft den Füchsen freilich reichlich wenig. Das erste Mal seit der Saison 2016/17 mussten sie ihre Titelchancen vorzeitig abschenken. Dass die Enttäuschung dementsprechend groß ist, ist nur nachvollziehbar.