Der FC Bayern verliert auch sich selbst: Der Star ist der Fan
Wenn Uli Hoeneß noch in operativer Funktion bei Bayern München wäre, also nicht Aufsichtsrat – dann wäre jetzt aber was los. Verlieren kann man, auch als der große FC Bayern, auch gegen einen Drittligisten. Doch nicht so, ohne Würde, ohne Haltung.
Wenn Hoeneß in der Kabine noch was zu sagen hätte, dann wäre aber nach dem Spiel gegen Saarbrücken was los gewesen. Dann hätten nicht nur einzelne Spieler ihre Wut herausgebrüllt. Sondern dann wäre auch der Erfinder des Klubs in seiner heutigen Form – und das ist Hoeneß – draußen zu hören gewesen.
Zu Recht. Dass nach der Niederlage in der Nachspielzeit die Zeit nach dem Spiel nicht genutzt wird, um bei den mitgereisten Fans gut Wetter zu machen, geht gar nicht. Das ist im Gehalt inbegriffen; zumal es in jedem Fall üppiger ist als das der Fans, die den langen Weg ins Saarland auf sich genommen haben, um ihren Stars nahe zu sein.
Stephan-Andreas Casdorff ist Herausgeber des Tagesspiegels. Er wünscht sich mehr Achtung vor den Fans.
Die sind von dieser Welt weit entfernt, leben nur in ihrer. Dass Manuel Neuer sich nicht blicken lässt, nicht um Verständnis wirbt für die Leistung, nicht wenigstens danach mit einem guten Auftritt überzeugt, ist eines Kapitäns unwürdig. Hatte er Besseres zu tun?
Beileibe nicht. Er kann sich doch nicht davonmachen, wenn das sein Schiff ist. Das erinnert an den Abspielfehler gegen Darmstadt, seinen schweren in den Rücken von Josua Kimmich, der letztlich zu dessen Platzverweis führte. Auch da war von Neuer nachher nichts zu sehen oder zu hören.
Das Herz auf dem rechten Fleck
Wie gut, dass es Thomas Müller gibt. Der hat sich den Fans gestellt, mit ihnen geredet, diskutiert, sich beschimpfen lassen. Der ging da voran: wie es sich für einen Mannschaftsführer gehört, und für einen, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Kimmich war übrigens auch bei den Fans.
Müller ist der Typ Bayer, den die Bayern mehr denn je brauchen. Um es auf diese Formel zu bringen: Er ist er, ein Original, und vielleicht schafft er mit seiner Art die Grundlage für ein „Mia san mia“, eine Botschaft, mit der Hoeneß die Mannschaft in all seinen Jahren zu einer besonderen machen wollte.
Und der Trainer? Kein Wunder, dass Uli Hoeneß mit Thomas Tuchel hadert.
Mögen Tuchels Trainingsmethoden Qualität haben, am Ende zählt der Mensch. Der hat sich nicht mitreißend gezeigt, nicht mitfühlend, weder beim Team noch bei den Fans – alles Punkte, die gegen ihn sprechen. Und die Mannschaft wird sie auch sammeln, wie seine Teams vorher.
Würde heißt: Achtung gebietend. Haltung bedeutet: Etwas von sich zu zeigen. Der FC Bayern muss an beidem arbeiten. Nicht nur auf dem Feld.