Dennis Schröder ist endlich ein echter Anführer
Es ist fast auf den Tag genau drei Jahre her, dass Dennis Schröder am Tiefpunkt seiner Nationalmannschaftskarriere war. Bei der Weltmeisterschaft in China verlor das deutsche Team überraschend gegen die Dominikanische Republik und scheiterte in der Vorrunde. Schröder stand mit seinen Mitspielern konsterniert auf dem Parkett der Arena in Shenzhen und wurde – nicht ganz zu Unrecht – zum Hauptziel der Kritik. 2019 war er der mit Abstand talentierteste deutsche Spieler und als Point Guard dirigiert er das Team, bestimmt das Tempo sowie den Stil. In China war das deutsche Spiel von einer erschreckenden Einfallslosigkeit geprägt. Entweder Schröder versuchte es alleine oder er suchte das Pick and Roll mit seinem Kumpel Daniel Theis.
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Die beiden Braunschweiger NBA-Profis sind immer noch wesentliche Bestandteile der Nationalmannschaft, doch da enden die Parallelen zu 2019 auch schon. Denn die ersten Tage der Heim-EM in Köln waren eine einzige Party für den deutschen Basketball – und daran hat Schröder als Taktgeber großen Anteil. Nach dem Auftaktsieg gegen Frankreich gab es Erfolge gegen Bosnien und nach doppelter Verlängerung gegen Litauen. Drei Siege zum Start in eine Europameisterschaft, das war der Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) nicht mal mit Dirk Nowitzki gelungen.
Einen der ersten vier Plätze in der Vorrundengruppe mit Vize-Olympiasieger Frankreich, Europameister Slowenien sowie der Basketballnation Litauen haben Schröder und Co. bereits sicher. „Das bedeutet uns viel, in so einer toughen Gruppe nach Berlin zu fahren. Das war unser Ziel. Dass wir das erreicht haben, ist der Wahnsinn“, sagt Schröder. Die Endrunde findet ab dem kommenden Wochenende in der Arena am Ostbahnhof statt. Wie der DBB am Sonntag mitteilte, spielt das deutsche Team sein Achtelfinale am Samstag um 18 Uhr. Der Gegner steht noch nicht fest und kommt aus der Gruppe A. Mit einem Sieg gegen Slowenien und NBA-Superstar Luka Doncic am Dienstag (20.30 Uhr, kostenfrei bei Magentasport) stünde das deutsche Team bereits als Gruppensieger fest.
Schröder hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Transformation durchgemacht. Sein Einsatz für die Nationalmannschaft stand nie in Frage; wann immer er konnte, war er im Sommer dabei. Doch seine Körpersprache ist mittlerweile eine ganz andere. Früher wirkte er teilweise genervt davon, dass seine Mitspieler nicht immer auf dem Niveau waren, das er aus der NBA gewohnt ist und das er auch erwartet. Zudem tat er sich schwer damit, Verantwortung abzugeben.
Sein Ego ist heute sicher nicht kleiner als bei vergangenen Turnieren und an seinem Auftreten mit viel Bling-Bling scheiden sich weiter die Geister, doch als Führungspersönlichkeit wirkt Schröder gereift. Es ist sehr auffällig, wie er seine Mitspieler auf dem Feld, aber auch in Interviews starkredet. Maodo Lo bezeichnete er als „nächsten Deutschen in der NBA“. Auch den gegen Litauen überragenden Franz Wagner lobte er in höchsten Tönen. „Wenn er so weiter macht, dann wird er ein ganz Großer.“
Schröder hat verstanden, dass er das Team nicht alleine durch ein großes Turnier tragen kann und bindet seine Nebenleute besser ein. Lo und Wagner als neben ihm talentierteste Scorer, aber auch den Rest des Kaders bis hin zu Christian Sengfelder, der bisher noch nicht zum Einsatz kam. Die Entscheidung von Bundestrainer Gordon Herbert, Schröder nach der kontroversen Ausbootung von Robin Benzing zum Kapitän zu befördern, zahlt sich voll aus. „Dennis ist unser Anführer. Er ist Dreh- und Angelpunkt unserer Mannschaft und über die Jahre erfahrener geworden“, sagt Lo. „Basketball-Deutschland kann sich glücklich schätzen, einen Dennis Schröder zu haben.“
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Auch spielerisch versteht es der 28-Jährige mittlerweile besser, phasenweise einen Schritt zur Seite zu machen. Schröder hat den Ball immer noch gerne in den eigenen Händen und gehört zu den antrittsschnellsten Basketballern der Welt. Aktuell hat er eine gute Mischung gefunden aus dem eigenen Zug zum Korb und dem Einsetzen der Mitspieler. Dass Lo wie gegen Litauen in der entscheidenden Phase der Verlängerung in zwei Angriffen in Folge das Eins-gegen-eins suchen konnte, wäre vor einigen Jahren nur schwer vorstellbar gewesen. Auch Wagner profitiert davon, dass Schröder ihm mit seiner Geschwindigkeit Räume eröffnet und ihm den Ball dann auch bereitwillig überlässt. Einziger kleiner Kritikpunkt bleibt Schröders Wurfauswahl. In drei Spielen hat er bereits 19 Dreier versucht und davon nur mickrige drei getroffen.
Dennoch dürfte sich seine Verhandlungsposition in der NBA durch die starken Leistungen bei der EM bereits verbessert haben. Schröders Vertrag bei den Houston Rockets ist am Ende der vergangenen Saison ausgelaufen, als Free Agent kann er mit anderen Teams verhandeln. Doch erst mal zählt für Dennis Schröder nur die Europameisterschaft. (mit dpa)