Debüt für Marco Grote als Interimstrainer: Der 1. FC Union will sich ein Beispiel an Gegner Augsburg nehmen
Der Spielplan der Fußball-Bundesliga wird anhand äußerst komplizierter Vorgaben erstellt und berücksichtigt unter anderem Europapokaleinsätze, Polizei- sowie Stadionverfügbarkeiten. Gelegentlich ergeben sich aus reinem Zufall dennoch Ansetzungen, die wirken, als seien sie genau so geplant. Das gilt etwa für das Heimspiel des 1. FC Union Berlin am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Stadion An der Alten Försterei gegen den FC Augsburg.
Auf der einen Seite stehen die kriselnden Köpenicker, die erstmals seit fünfeinhalb Jahren und 224 Pflichtspielen ohne Urs Fischer als Cheftrainer antreten. Auf der anderen Seite die Schwaben, die sich Anfang Oktober von Coach Enrico Maaßen getrennt haben und seitdem unter dem Dänen Jess Thorup acht Punkte aus vier Spielen geholt haben. Solch einen Umschwung erhoffen sie sich auch bei Union.
„Mit dem neuen Trainer und einem etwas veränderten Spielstil, einem relativ klaren Weg, wie sie nach vorne spielen, ist Augsburg zuletzt überaus erfolgreich“, sagt Marco Grote – und vermutlich würde er genau das demnächst auch gerne über Union sagen. Der 51 Jahre alte Fußballlehrer trainierte in Köpenick zuletzt die U19 und fungiert seit der Trennung von Urs Fischer Anfang vergangener Woche gemeinsam mit Marie-Louise Eta als Interimstrainer der Berliner Profis.
Becker, Bonucci, Khedira und Doekhi fehlen
Viel Zeit hatte das Duo nicht, um die Mannschaft vorzubereiten, schließlich befanden sich einige Spieler noch auf Länderspielreise. „In ein paar Tagen kannst du nicht alles verändern“, sagt Grote, der sich bis Samstagfrüh Zeit lassen will, um eine Startelf zu finden. Auf die verletzten Danilho Doekhi, Leonardo Bonucci und Sheraldo Becker sowie den gesperrten Rani Khedira kann er dabei nicht zurückgreifen.
Darüber will Grote aber gar nicht sprechen. Für Vergangenheitsbewältigung und das Hadern mit Ausfällen hat der Trainer ebenso wenig Zeit wie für Gedanken über seine Zukunft. Der Fokus gilt einzig dem richtungsweisenden Spiel gegen Augsburg. Mit einem Sieg würde Union das Tabellenende und vielleicht sogar die Abstiegsplätze verlassen. Eine Niederlage, es wäre die zehnte in der Bundesliga in Folge, würde der Hoffnung auf eine schnelle Aufbruchstimmung sofort einen Schlag versetzen.
Der Interimstrainer setzt vor allem auf den psychologischen Effekt des Neuen, des Unbekannten. „Ich bin ein anderer Typ, hab eine andere Ansprache“, sagt Grote. Auch wenn die Mannschaft zuvor keinesfalls gegen Fischer gespielt hat und das Verhältnis intakt war, löst ein Trainerwechsel stets eine Dynamik aus. „Die ersten Tage sind immer ein bisschen hektisch, ein bisschen wild, ein bisschen Stress“, sagt Grote. Ein neuer Trainer bedeute für Spieler stets eine neue Chance, um sich zu zeigen.
Allzu große Änderungen sind, personell wie taktisch, dennoch nicht zu erwarten. Grote sagt zwar, dass er Fußball vor allem offensiv denke und auch spielen lasse, verweist aber auch auf die Gegebenheiten: „Union steht für etwas.“ Die Rückkehr zur defensiven Stabilität, die das Team in den vergangenen Jahren ausgezeichnet hat, die aber zuletzt völlig abhandengekommen war, steht auf Grotes To-Do-Liste ganz weit oben.
Das System ist nebensächlich
Das System spiele für ihn dabei eine untergeordnete Rolle. „Dreier-, Vierer- oder Fünferkette ist nicht das Entscheidende“, sagt Grote. Man müsse nicht alles auf links drehen. „Es geht um Nuancen, es geht um Selbstvertrauen und darum, die eine oder andere Lösung mehr zu finden in der Offensive.“ Das sei in wenigen Tagen durchaus realistisch.
Dabei komme Grote vor allem das intakte Mannschaftsgefüge zugute. Neben der spielerischen Qualität sei auch der Zusammenhalt sehr groß, sagt der Trainer. „Diese hohe Bereitschaft, die immer da war, müssen wir über einen Plan so in die Spur bringen, dass wir sie nutzen können.“