Bekannt durch „Driving Home for Christmas“: Musiker Chris Rea ist tot

Gerade ist er wieder in den deutschen Charts. Nicht ganz oben wie Wham! und Mariah Carey, doch für einen soliden Mittelfeldplatz in den Top 20 reicht es für Chris Rea mit „Driving Home For Christmas“ auch in diesem Jahr wieder. Dass der Sänger dieses entspannt swingenden Songs nun ausgerechnet zwei Tage vor Weihnachten gestorben ist, wirkt wie eine ähnlich gemeine Ironie des Schicksals wie George Michaels Tod am Ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2016.

Entstanden ist Chris Reas Weihnachtshit eher zufällig: Kurz vor Weihnachten 1978 gerieten der Musiker und seine am Steuer ihres Austin Minis sitzende Frau auf der Fahrt von London ins heimische Middlesbrough in einen furchtbaren Stau. Rea begann aus Spaß den Text zu schreiben.

Erst ein Jahrzehnt später holte er ihn wieder hervor, denn er passte perfekt auf eine Melodie, die Rea zufällig beim Testen neuer Klaviere mit seinem Keyboarder gefunden hatte. Sie nahmen den Song auf, der zunächst nur als B-Seite einer Single erschien. Doch als ein DJ das Stück spielte, entschied sich die Band eine vollwertige Version mit Streichern aufzunehmen – seither kam es zu jeder Weihnachtssaison wieder in die Charts. Allein auf Spotify hat es weit über 650 Millionen Abrufe.

Dass die Dinge bei ihm etwas länger brauchen, um sich zu entwickeln, war bei dem 1951 in Middlesbrough geborenen Chris Rea, häufiger der Fall. Der Sohn einer irisch-italienischen Familie, die eine Eisdiele betrieb, lernte erst mit 19 Jahren Gitarre zu spielen. Als er mit seiner Band The Beautiful Losers im Jahr 1975 den Newcomer-Wettbewerb des „Melody Maker“-Magazins gewann, sprang trotzdem kein Plattenvertrag für sie heraus. Erst als Rea die Band verließ und zwei Jahre später sein erstes Soloalbum „Whatever Happened To Benny Santini“ veröffentlichte, kam er erstmals auf die Erfolgsspur – dank des Songs „Fool (If You Think It’s Over)“, der nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den USA in die Top 20 einstieg. 

Vergleiche mit Mark Knopfler und Eric Clapton

Danach hieß es für den Sänger mit der angenehm tiefen, leicht rauen Stimme wieder Geduld haben. Zwar hatte er auf dem Kontinent, vor allem auch in Deutschland einige Fans, doch bevor er zu einem gefragten Star wurde, dauerte es bis weit in die Achtziger. „On The Beach“ war mit seinem catchy Gitarrenlick 1985 schon ein kleiner Hit, bevor das Album „The Road to Hell“ 1989 in Großbritannien an die Chartspitze kam. Mehrere Singles daraus rotierten durch die Radios. Das zwei Jahre später veröffentlichte Nachfolge-Album „Auberge“ war ähnlich beliebt. Chris Rea wurde damals mit Dire Straits-Chef Mark Knopfler und Eric Clapton verglichen.

Im Jahr 1995 geriet er jedoch auf seine persönliche Straße in die Hölle, als er schwer an der Bauchspeicheldrüse erkrankte und nur knapp überlebte. „Alles, was du getan hast, verliert an Bedeutung, und du fragst dich, warum du dich überhaupt auf dieses Rockgeschäft eingelassen hast“, kommentierte er die Erfahrung in einem Interview – und konzentrierte sich anschließend stärker auf Projekte, die ihm wirklich wichtig waren. Rea gründete sein eigenes Label Jazzee Blue und stürzte sich in ein ambitioniertes Projekt: Inspiriert von Bill Wymans Buch „Blues“ nahm er unter dem Titel „Blue Guitar“ einen Zyklus von elf Alben mit insgesamt 130 Songs auf. Hinzu kamen 50 eigene Gemälde und eine DVD.

In die Charts gelangte seine neue Musik von nun an zwar nicht mehr, doch Balladen-Alben wie „Road Songs for Lovers“ (2017) aufzunehmen, erfüllte den Musiker. Nun ist er im Kreis seiner Familie mit 74 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben. Ihm zu Ehren wird „Driving Home For Christmas“ in den nächsten Tagen sicher noch öfter auf den Streamingportalen abgespielt als ohnehin schon. Und wer im Stau steht, sollte es machen wie Rea: Lieber ein Lied schreiben als ärgern.