Angst vor Rechtspopulismus und Stellenabbau: Berlusconi ante portas
Jetzt schrillen sie, die Alarmglocken. Silvio Berlusconi hat die Beteiligung seines Medienkonzerns MediaForEurope an ProSiebenSat 1 auf eine Höhe geschraubt, die klar macht: Hier strebt einer die Macht in München-Unterföhring an. Berlusconi ist Italiener, Milliardär, Medienunternehmer und Politiker, nicht wenige sehen in ihm einen Elon Musk a la italiana. Und Berlusconi ist Politiker, Chef der rechtspopulistischen Forza Italia, die an der Regierung in Rom beteiligt ist.
Große Ablehnungsfront
Schon lodern die düsteren Prophezeiungen, was MediaForEurope mit ProSiebenSat1 anstellen könnte: Aufgabe der geforderten Staatsferne im deutschen Mediensystem, Rechtspopulismus im Programm, Abbau von Arbeitsplätzen. Die Ablehnungsfront reicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) über den DJV bis hin zu ver.di.
Der Medienkonzern ProSiebenSat 1 ist in keinem guten Zustand. Die Einnahmen aus dem TV-Werbegeschäft bröckeln, der Transfer zum digitalen Unternehmen stockt, der Konzern hat sich bis zum Online-Handel mit Sexspielzeugen (Amorelie) verzettelt, die Vorstandsvorsitzenden kommen und gehen – und was das Kerngeschäft, Fernsehen nämlich, angeht, sind die Programme von ProSieben bis Sat 1 bis zur Gesichtslosigkeit entkernt. Nur zum Beispiel: ProSieben zeigt an einem Tag neun Folgen der Dramedy „Scrubs“. Einfallsloser und hilfloser geht es kaum, auch weil es an Kreativität und Geld fehlt.
MediaForEurope will wachsen
Berlusconis Familien-Holding engagiert sich beim Münchner Medienkonzern nicht, um an den schwindenden Einnahmen zu partizipieren. Die Italiener sehen die große Chance gekommen, ihre europaweite TV-Allianz mit einer deutschen Beteiligung auszubauen und zu stärken. MediaForEurope versteht etwas vom Fernseh- und Mediengeschäft.
Noch ist Berlusconi ante portas. Bis er drin ist, wird es noch dauern, aber nicht mehr lange. Solange können sich alle Betroffenen in Medienwirtschaft und Medienpolitik am Zukunftswettbewerb für ProSiebenSat1 überlegen. Geht RTL rein, damit endlich ein mächtiger, auch international wettbewerbsfähiger Privatsender in Deutschland entsteht? Wer den RTL-Eigner Bertelsmann in Gestalt des Vorstandsvorsitzenden Thomas Rabe bei Gruner+Jahr agieren sieht, der weiß, dass hier kein Wohltäter, sondern ein Sanierer und Renditemaximalist käme.
Wer immer Berlusconi, auch aus guten Gründen, verhindern will, der braucht eine bessere Idee als das bloße Neinsagen zu Berlusconi..
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