Angelique Kerber übersteht die dritte Runde
Es wäre eine schöne Geschichte gewesen. Angelique Kerber spielt drei Jahre nach ihrem Sieg in Wimbledon wieder gegen Serena Williams. Und das auch noch wie 2018 an einem Samstag. Zwar nicht im Finale, sondern in Runde drei. Aber es hätte gepasst. Williams allerdings verletzte sich in ihrem Erstrundenmatch und so bekam es Kerber mit Alexandra Sasnowitsch aus Weißrussland zu tun.
Die Deutsche ging als Favoritin ins Match, nach dem ersten Satz hieß das aber nichts mehr, denn da ging fast nichts bei Kerber. Dann kam kurz vor Ende des ersten Durchgangs der Regen und danach kam eine andere Kerber auf den Court zurück, die Kielerin gab nur noch ein Spiel ab und siegte schließlich in drei Sätzen 2:6, 6:0, 6:1 gegen Sasnowitsch. Die 33-Jährige machte den Erfolg über die Nummer 100 der Weltrangliste nach 1:15 Stunden perfekt.
2018 im Finale gegen Williams hatten viele Kerber keine großen Chancen eingeräumt, ähnlich wie schon 2016 als die heute 33 Jahre alte Kielerin bei den Australian Open ihr erstes Grand-Slam-Finale bestritt, ebenfalls gegen Serena Williams. Am Ende setzte sich Kerber in beiden Duellen gegen die US-Amerikanerin durch, errang damit Erfolge, die zuvor bei den deutschen Frauen nur Steffi Graf für sich verbuchen konnte.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
Wimbledon 2018 war dabei der Höhepunkt in Kerbers Laufbahn, denn trotz zweier Grand-Slam-Titel zuvor und dem Erreichen von Weltranglistenplatz eins ist der Rasenklassiker immer noch das Nonplusultra im Tennis. Angelique Kerber, von Gegnerinnen schon mal als „menschliche Wand“ tituliert, hatte etwas geschafft, was ihr zu Beginn ihrer Karriere nicht unbedingt zugetraut worden war.
Fitness ist wichtig für ihr Spiel
Kerbers Spiel lebt von der Physis, sie bringt Bälle zurück, denen anderen Spielerinnen nur noch hinterherschauen. Ihre Grundschläge sind im besten Falle lang, hart und flach. Ihr Aufschlag kann gerade auf Rasen durchaus eine Waffe sein. Im 6:3 und 6:3 gewonnenen Wimbledon-Finale 2018 gegen Williams hatte sie im gesamten Match nur einen Breakball gegen sich.
Wie wichtig die Fitness für ihr Spiel ist, unterstrich sie zuletzt mehrfach. In Bod Homburg, wo sie in der Vorbereitung auf Wimbledon ihren ersten Titel seit dem Triumph gegen Williams gewinnen konnte, spielte sie an einem Tag in Viertel- und Halbfinale sechs Sätze – und siegte in beiden Matches. In Wimbledon folgte in Runde zwei das Marathon-Match gegen die Spanierin Sara Sorribes Tormo, in dem sie sich nach über drei Stunden durchsetzen konnte. „Ich habe das Gefühl, ich kann’s noch“, sagte sie hinterher.
Die Deutsche ist eine Spielerin, die immer dann besonders gut ist, wenn sie sich auf ihre Stärken besinnen kann und sich Störgeräusche von außen weitestgehend ausblenden lassen. Druck ist eines der Wörter, die sie nur dann verwendet, wenn es sich verneinen lässt. Damit sie sich voll auf ihr Spiel konzentrieren kann, muss das Umfeld für Kerber passen. Dazu gehört ihre zweite Heimat Puszczykowo in Polen, wo sie abschalten und trainieren kann.
Auch bei den Coaches greift Kerber inzwischen wieder auf Bewährtes zurück. Mit Torben Beltz schaffte sie einst den Aufstieg in die Weltspitze, 2017 gingen beide aber getrennte Wege. Nach der – trotz des Wimbledonsieges 2018 – menschlich eher schwierigen Beziehung zum Belgier Wim Fissette und den sportlichen dürftigen Episoden mit Rainer Schüttler und Dieter Kindlmann, ist nun wieder alles beim Alten für Kerber.
Zweifel wirken sich auf Spiel aus
Die Zweifel an ihren Fähigkeiten hatten zuletzt allerdings deutlich überwogen. In der Weltrangliste rangiert sie längst jenseits der 20. Außerhalb des von ihr so geliebten Rasens ging fast nichts mehr. Und wenn Kerber zweifelt, dann wirkt sich das auf ihr Spiel aus. Es ist dann ohne Überzeugung, ohne Druck und Zug und leicht angreifbar.
Als sie vor drei Wochen nach Berlin kam, da sprach sie davon, wie sehr sie sich auf die Rasensaison freue. Im Steffi-Graf-Stadion verlor sie beim ersten Vorbereitungsturnier auf Wimbledon zwar schon in Runde zwei, aber sie wehrte sich wieder und zeigte Biss. Danach folgte der Turniersieg in Bad Homburg.
Nun steht sie bei in London im Achtelfinale und dort trauen ihr inzwischen eine Menge Leute alles zu. Viel wichtiger ist für Angelique Kerber allerdings, dass sie auch selbst wieder an sich glaubt. So wie 2018, als sie sich auf dem Rasen von Wimbledon unsterblich machte. Nächste Gegnerin ist an diesem Montag die 17-jährige US-Amerikanerin Coco Gauff..