Ukraine-Solidaritätsabend beim Literaturfestival: Die Hölle, das ist die Abwesenheit der anderen

Im Krieg ist die Müdigkeit das, was sich keiner leisten kann und trotzdem eintritt. Die Ukraine ist müde, Deutschland ist müde, die westliche Öffentlichkeit ist müde und vielleicht, wenn sie die Erlaubnis hätten, etwas zu fühlen, sind sogar die russischen Soldaten müde. Nur das Putin-Regime wird nicht müde, seinen blutigen Feldzug weiterzuführen. Mehr noch: Das Regime nährt die Müdigkeit der anderen, sie macht die ukrainische Bevölkerung mit ihren ständigen Raketen- und Drohnenangriffe mürbe und schüchtert Europa ein, das schon länger die Courage verloren hat, im Angesicht Russlands und der eigenen Bevölkerung.

Schwierige und düstere Voraussetzungen sind es also, unter denen der PEN Berlin, der PEN Ukraine und das Ukrainische Institut diesen Solidaritätsabend im Rahmen des internationalen Literaturfestivals am Freitagabend veranstalteten. Es wurde ein Abend über die Müdigkeit, aus dem man ganz wach herausging.

Gewidmet war dieser Abend der Ukrainerin Victoria Amelina. Sie starb 2023 bei einem russischen Raketenangriff, im März dieses Jahres erschien ihr Buch „Blick auf Frauen. Den Krieg im Blick“. Die Schauspielerin Maren Eggert las daraus vor, unter anderem eine Passage, in der die Autorin von dem Tag erzählt, an dem sie sich eine Waffe besorgte.

Es sind Schilderungen des Einbruchs einer neuen Realität. Der Krieg lässt niemanden aus. Chronisten dieser neuen Realität sind unter anderem die beiden Journalisten Vassili Golod und Paul Ronzheimer, die sich zu einer ersten Gesprächsrunde zusammenfanden. Ronzheimer berichtete von seiner eigenen Erschöpfung, befasst er sich doch seit 2013 mit der Ukraine, während Golod die Zermürbungserscheinungen der ukrainischen Bevölkerung in den Blick nahm: Die zunehmenden Angriffe auf die ukrainischen Städte verdammen eine ganze Bevölkerung zur ständigen Nachtunruhe in den Schutzräumen. Auch das sei Teil der russischen Kriegsführung.