Stadtentwicklung: Stoppt die anti-urbane Mitte!

Der Berliner Senat hat das Verfahren um das Viertel „Urbane Mitte“ an sich gezogen, der „außerordentlichen stadtpolitischer Bedeutung“ wegen. Denn der Bezirk Kreuzberg zeigte sich seit Beginn der Planung 2005 störrisch, wollte hier nicht nur Büros zulassen, forderte Wohnungen.
Recht hatte der Bezirk – und zwar nicht nur der Wohnungsnot wegen. Schon seit Beginn der 1960er-Jahre, als der Stadtumbau weltweit erst anlief, ist Planerwissen: Die Zerteilung städtischer Organismen in Viertel für das Wohnen, für Büros, für Fabriken, das Lernen, das Vergnügen etc. war der größte Fehler, den die Städtebaupolitik der Moderne gemacht hat.
Sie verhinderte ökonomische, kulturelle und soziale Netze, machte damit Städte krisenanfälliger. Weil ganze Viertel durch Geschäftsaufgaben still gelegt werden können, weil sie unsicherer und konfliktreicher sind, weil soziale Kontrolle fehlt. Außerdem verschwendet die Einfachnutzung von Flächen immens Platz, kostet viel Energie.
Am Alexanderplatz herrscht heute Ödnis
Wer noch etwas gegen den Klimawandel erreichen will, muss sich energisch gegen diesen Schein-Funktionalismus stemmen. Auch in Berlin, obwohl die Stadt im Vergleich etwa zu London oder Hamburg noch Glück hatte. Im Westen verhinderte der Kapitalmangel den großen funktionalistischen Stadtumbau. Und im Osten setzte sich schon in den 1950ern beim Bau der einstigen Stalinallee die Einsicht durch, dass kostbare Straßen und Leitungen rund um die Uhr genutzt werden sollten. Wo sich hingegen die Funktionalisten durchsetzen, herrscht spätestens nach Geschäftsschluss Vorstadt-Ödnis, selbst am Tauentzien, am Alexanderplatz oder an der Friedrichstraße.
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Genau deswegen kämpfen alle westlichen Städte, die ökonomisch erfolgreich sind – Paris, Barcelona, London, Kopenhagen, Hamburg selbstverständlich –, inzwischen eisern gegen solche monofunktionalen Viertel. Dort wird gerade die „Berliner Mischung“ aus Wohnen, Gewerbe und Vergnügen gelobt. Also genau das Gegenteil von dem, was am Gleisdreieck als „Urbane Mitte“ verkauft wird. Denn alle schönen Investoren-Bilder werden nicht erreichen, dass hier wirkliche, nachhaltige Urbanität entsteht. Dazu fehlt es an Menschen, die hier wohnen, ökonomische und soziale Stabilität bringen.