„Cat Person“ im Kino: Frauen und Männer nicht verstehen

Es glich einem Stich ins Wespennest, als die noch unbekannte Autorin Kristen Roupenian 2017 ihre Kurzgeschichte „Cat Person“ im „New Yorker“ veröffentlichte. Sie handelte von der 20-jährigen Studentin Margot, die bei ihrer Arbeit in einem Arthouse-Kino Robert, einen etwas älteren Mann (mit Katze, oder auch nicht) kennenlernt, und trotz ambivalenter Gefühle mit ihm schläft. 

Sie tut dies teils aus Mitleid und der weiblichen Furcht, den Zeitpunkt zum „Neinsagen“ verpasst zu haben, ein Teil von ihr freut sich auch über die Bestätigung, und genießt die Aufmerksamkeit.

Roupenians Geschichte endete mit einem SMS-Chat und dem Wort „Hure“. Geschrieben hatte es Robert, der Margots Abweisung nicht ertragen konnte, und sich auf deren Abwertung „hinausrettete“.

Roupenian wurde zu einer MeToo-Ikone

Die Story ging viral, Roupenian wurde zu einer Ikone der #metoo-Bewegung – obwohl in ihrer lakonisch geschriebenen Erzählung weniger Machtstrukturen, sondern eher persönliche Dynamiken eine Rolle spielen: #Metoo hatte zwar einst jegliche sexuellen Übergriffe thematisiert, wurde dann aber vor allem in Zusammenhang mit beruflichen Nachteilen konnotiert – wenn etwa eine Frau, die einen ihr vorgesetzten Mann abweist, um ihren Job fürchten muss.

Doch „Cat Person“ traf einen Nerv: Die Story war eines der meistgelesenen Werke des Jahres. Erstmals, so hieß es, hätten jüngere Generationen ein anknüpfbares Stück Literatur, das nicht zu verkopft ist und die zwiespältigen, echten und gefühlten Zwänge junger Frauen angemessen beschreibt.

Dass die auf innerem Monolog basierende, recht personal- und handlungsarme Geschichte nicht leicht zu verfilmen sein würde, war klar. Die mit komödiantischen Frauenfreundschaften („The Spy who dumped me“, „Booksmart“) gut vertraute US-amerikanische Drehbuchautorin und Regisseurin Susann Fogel hat Margots Erlebnisse in ihrer Kinoadaption darum verlängert: Nur der erste Teil basiert auf Roupenians Vorlage.

Margot (Emilia Jones) arbeitet, wie im Original, in einem Arthouse-Kino, in dem unaufdringlich, aber permanent der Soundtrack von misogynen, in vielen Nerd- und Fanszenen als Kult geltenden alten Trash-Filmen läuft. Um ihre Gedanken bei und nach den Begegnungen mit Robert (Nicholas Braun) darzustellen, hat die Regisseurin eine beste Freundin addiert. Taylor (Geraldine Viswanathan) ist neben Zugewandtheit und guten Ratschlägen auch für feministische Theorien zuständig und redet Margot den unlesbaren, leicht unheimlichen Typen von Anfang an aus.

Sie ist sogar diejenige, die Robert nach dem ersten und einzigen Sex die Zurückweisungs-SMS schickt: „Ich habe kein Interesse, melde dich bitte nicht mehr.“ Jener Sex, den Margot zunächst trotz innerem Widerwillen konsensuell mitinszeniert und dann über sich ergehen lässt, ist ein Schlüsselpunkt der Geschichte.

An ihm zeigt sich die multiple Problematik des Themas, die gefühlte Mitmach-Verpflichtung von Frauen; die angenommen-animalische Lust von Männern; das Absprechen von selbstermächtigter weiblicher Initiative; die durch Sex geschmeichelte weibliche Eitelkeit; und das männliche Missverstehen der Situation.

Fogel dreht am Rad

Dieser erste Filmteil weiß sein Sujet zuweilen subtil zu inszenieren. Etwa wenn im Kino ausgerechnet eine Szene aus „American Graffiti“ läuft, in dem die Protagonistin einen Mann auffordert ihr wehzutun. Oder wenn Margots Uni-Professorin Dr. Zabala (Isabelle Rosselini) über männliche Insekten referiert, die beim Akt sterben. Das aber ändert sich, als das Wort „Hure“ auf Margots Handybildschirm aufleuchtet und sie beklommen zurücklässt.

Denn Fogel dreht im zweiten Teil mächtig am Rad, und zwar in beide Richtungen. Dass Margot sich in die Angst versteigt, der verärgerte Pseudo-Ex könnte sie stalken, ist noch nachvollziehbar – aber die Konsequenz, in seine Wohnung einzudringen, um einen Tracker an seinem Auto anzubringen, schwächt die Hauptfigur, die bis dahin weder als neurotisch noch als mental instabil beschrieben wird.

Doch Roberts Verhalten schlägt ebenfalls grotesk aus, sodass die Geschichte sich schließlich in einem absurden Kuddelmuddel aus Action, Slapstick und Horror verheddert.

Als Zitat vorangestellt ist „Cat Person“ Margaret Atwoods berühmter Spruch, dass Männer Angst haben, von Frauen ausgelacht, und Frauen Angst haben, von Männern getötet zu werden. Für das wirkliche Durchdringen der komplexen Beziehungen zwischen den Geschlechtern ist er jedoch zu wenig konzis. Am Ende hat man weder gelacht, noch hatte man Angst. Und Männer und Frauen hat man auch kaum besser verstanden.