Trubel statt Trauminsel: WM-Tapetenwechsel fordert Basketballer

Im Charterflieger Richtung Philippinen ließen die deutschen Basketballer Japans Trauminsel und zwei perfekte Wochen hinter sich. Den neuen WM-Goldkandidaten um Starspieler Dennis Schröder erwartet bei der Finalrunde in Manila ein krasser Kontrast: Auf die herrlichen Strände, die bestens gelegene Promenade und die beschauliche Ruhe in Okinawa folgt die Riesenmetropole. Es wird laut, stickig, hektisch und schwül. Doch auch die neuen Umstände sollen das extrem selbstbewusste Team von Bundestrainer Gordon Herbert auf dem Erfolgsweg in Asien nicht stören.

„Ich bin nicht zum Sightseeing hier. Ich will zocken, ich will eine Medaille gewinnen. Das heißt: Ich nehme, was kommt. Die Spiele nehme ich sehr, sehr ernst, und den Rest will ich genießen“, sagte NBA-Profi Moritz Wagner über den vom Turnierplan verordneten Tapetenwechsel. Im sonnigen Okinawa, wo Deutschland die makellose Bilanz von fünf Siegen in fünf WM-Spielen hinlegte, schlenderten die Wagner-Brüder Moritz und Franz gerne mit ihren Eltern vorbei an Souvenirshops und Bäckereien. Kapitän Schröder schob mit Frau Ellen abends gemütlich den Kinderwagen an der Promenade entlang.

So entspannt wird es im 25-Millionen-Einwohner Großraum Manila, in dem bis zum Finale am Sonntag täglich heftige Schauer gemeldet sind, wohl nicht. Und auch sportlich wird der Wettbewerb noch einmal deutlich härter. Brachten Vor- und Zwischenrunde bislang einen Modus mit sich, der auch mal eine Niederlage erlaubte, gilt nun: siegen oder scheitern.

„Die Gruppenspiele sind vorbei, jetzt heiße es: do or die“, fasste Herbert zusammen. Im ersten deutschen WM-Viertelfinale seit 2006 geht es am Mittwoch (10.45 Uhr/Magentasport) gegen Außenseiter Lettland. „Wir haben viel Vertrauen in uns selbst. Wenn wir uns nicht von unserem Weg abbringen lassen, dann ist viel möglich“, sagte Moritz Wagner. Konkret: die erste WM-Medaille seit 21 Jahren oder gar der erste WM-Titel der Verbandsgeschichte. Die Basketballer hoffen, dafür auch wieder auf Wagners Bruder Franz bauen zu können. Dieser verpasste zuletzt vier WM-Spiele wegen einer Knöchelverletzung.

Wir müssen von Anfang an ready sein. Wir müssen in der Verteidigung noch etwas besser werden.

Dennis Schröder, Kapitän der deutschen Mannschaft

Vor dem Weiterflug auf die Philippinen, auf den Schröder diverse japanische Gastgeschenke für seine drei Kinder mitnahm, hatte Deutschland seine Zwischenrunden-Gegner dominiert. Georgien (100:73) und Slowenien (100:71) waren chancenlos. NBA-Star Luka Doncic dürfte auf dem rund zweieinhalbstündigen gemeinsamen Charterflug am Montag noch immer von der Defensive der Deutschen beeindruckt gewesen sein. „Großes Lob an alle, die in der Kabine sind. Jeder packt sein Ego für das Team zur Seite. Und jeder lässt mich auch das Team anführen“, lobte Schröder.

Im Flugzeug nach Manila besetzten die Slowenen eine Seite und die Deutschen die andere. Der Sieg im Gruppenfinale hatte für Deutschland auch einen praktischen Wert: Während Doncic und Co. im Viertelfinale gegen das NBA-Starensemble aus Kanada antreten müssen, ist Deutschland gegen die Letten ohne deren Aushängeschild Kristaps Porzingis deutlich favorisiert. Nach drei schwächeren ersten Halbzeiten kritisierte Führungsspieler Schröder auf hohem Niveau: „Wir müssen einen besseren Start haben und von Anfang an ready sein. Wir müssen in der Verteidigung noch etwas besser werden.“ Nur Deutschland und Litauen reisen mit perfekter Bilanz zur Endrunde.

Schröders Zwist mit Daniel Theis und Bundestrainer Herbert soll im weiteren Turnierverlauf keine Rolle mehr spielen. „Jeder hört jedem zu, und das zeichnet uns aus“, sagte der 29-Jährige. Bei einem Sieg könnte es an diesem Freitag zu einem Halbfinal-Duell mit Olympiasieger USA kommen. Dann wäre nicht nur die Medaille greifbar, sondern auch ein direktes Olympia-Ticket für Paris im kommenden Jahr. Ein Sieg über Lettland würde dafür bereits reichen, wenn die USA (gegen Italien am Dienstag) und Kanada (gegen Slowenien am Mittwoch) ihrer Favoritenrolle im Viertelfinale gerecht werden.