Der 1. FC Union verpasst den Sieg in Leverkusen knapp
In der starken Hinrunde des 1. FC Union gab es nicht allzu viel zu bemängeln, ein paar Ansätze für Verbesserungen fanden sich allerdings. Die Erfolgsquote nach eigenen Standards hatte im Vergleich zum Vorjahr merklich abgenommen, und aus dem Mittelfeld kam nur wenig Torgefahr. Im ersten Rückrundenspiel bei Bayer Leverkusen am Samstag arbeiteten die Berliner gleich an beiden Problemfeldern äußerst erfolgreich. Nach einer bis dahin schwachen Leistung traf Grischa Prömel, seines Zeichens zentraler Mittelfeldspieler, kurz vor der Pause zum Ausgleich und kurz danach zur schmeichelhaften Führung. Beide Tore fielen nach Standardsituationen.
Da Leverkusen kurz vor Schluss noch ausglich und Bastian Oczipka in der Nachspielzeit nur den Pfosten traf, startete Union mit einem 2:2 (1:1) in die zweite Saisonhälfte. „Wenn du in der Schlussphase noch das Gegentor bekommst, ärgerst du dich natürlich, gerade weil wir danach noch die eine oder andere Situation hatten, wo wir das Tor machen müssen“, sagte Prömel. „Aber ein Punkt in Leverkusen geht in Ordnung.“
Im Gegensatz zu manch anderem Bundesligisten halten sich die Personalprobleme bei Union quantitativ bisher in Grenzen. Mit Sheraldo Becker und Pawel Wszolek befinden sich momentan zwei Spieler in Quarantäne, Toptorschütze Taiwo Awoniyi bereitet sich auf den Afrika-Cup vor. Qualitativ bedeutet das für die Berliner allerdings durchaus einen nennenswerten Verlust, denn mit Becker und Awoniyi fehlen in der Spitze die beiden bevorzugten Abnehmer für Max Kruses Geistesblitze. Diese Rolle sollte nun Kevin Behrens einnehmen. Außerdem rückten Niko Gießelmann und Genki Haraguchi in die Startelf.
Die Leverkusener mussten zwar ebenfalls auf wichtige Spieler verzichten, verkrafteten das in der Anfangsphase aber besser. Die Gastgeber waren dominant, hatten viel Ballbesitz und auf den Außenbahnen klare Schnelligkeitsvorteile. In der ersten Viertelstunde hatte Union damit enorme Probleme, besonders wenn Leverkusen schnell die Tiefe suchte.
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Marvin Friedrich störte Patrik Schick in der vierten Minute gerade noch beim Abschluss. Wenig später konnte der tschechische Torjäger den Ball nach einer Flanke von Moussa Diaby nicht ausreichend drücken, und Andreas Luthe parierte mit der Brust. Keine Minute später wehrte Unions Torwart einen Schuss von Florian Wirtz ab, und nach der anschließenden Ecke köpfte Jonathan Tah erstaunlich unbedrängt knapp am Tor vorbei. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade mal elf Minuten gespielt, doch Fischer sah auf der Bank aus gutem Grund sehr besorgt aus. „In der ersten Hälfte fehlte wirklich alles, was wir uns vorgenommen haben“, sagte der Trainer.
Auch wenn Leverkusen diesen enormen Zug zum Tor nach der starken Anfangsphase nur noch selten entwickeln konnte, war die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane in allen Belangen überlegen – was angesichts der Berliner Ideenlosigkeit allerdings auch nicht allzu schwer war. Viel zu früh suchte Union den langen Ball in die Spitze, wo Kruse und Behrens völlig in der Luft hingen. Zudem musste Gießelmann mit einer Muskelverletzung im hinteren Oberschenkel früh ausgewechselt werden; für ihn kam Oczipka.
Der Leverkusener Führungstreffer in der Schlussphase der ersten Hälfte deutete sich nicht wirklich an, war aber absolut verdient. Kerem Demirbay führte einen Freistoß aus der eigenen Hälfte schnell aus und über Schick, Diaby sowie Paulinho landete der Ball vor dem Tor. Luthe rettete erst noch, war gegen Schicks Nachschuss aber machtlos. Ähnlich erging es kurz vor dem Pausenpfiff allerdings auch Leverkusens Torwart. Nach einer Ecke schoss Christopher Trimmel in seinem 250. Pflichtspiel für Union aus dem Hintergrund, Lukas Hradecky parierte und hatte auch beim anschließenden Kopfball von Behrens die Hände am Ball. Den Abstauber von Prömel konnte er aber nicht verhindern.
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Der Ausgleich war schmeichelhaft, doch er gab dem Spiel eine unwahrscheinliche Wende. Fischer setzte mit den Einwechslungen von Andreas Voglsammer und Levin Öztunali neue Impulse und die Leverkusener verteidigten kurz nach der Pause gleich noch einen Standard schlafmützig. So kam Kruse zum Abschluss und Prömel drückte den Ball über die Linie. „In der zweiten Halbzeit haben wir gespielt, wie ich mir das vorstelle: mit Mut und Überzeugung“, sagte Fischer.
Die Gastgeber wirkten nun verunsichert und brauchten eine knappe Viertelstunde, um sich wieder zu fangen. Ein paar Chancen erarbeiteten sie sich dabei, doch Luthe parierte mehrfach stark. Union spielte einige aussichtsreiche Konterchancen nicht sauber aus und hatte bei einem Lattenschuss von Kruse Pech. So blieb das Spiel offen – und Jonathan Tah gelang nach Vorarbeit von Karim Bellarabi der verdiente Ausgleich. (Tsp)