Neue Abenteuer für Asterix und Obelix
Die eisige Landschaft ist von Schnee bedeckt, zwischen den kahlen Bäumen zeichnet sich eine Jurte ab, dahinter ein Dorf mit Holzhütten, die zum Schutz vor der Kälte mit Fell bedeckt sind. Auf einem Schlitten nähern sich drei Reisende, die man nur von hinten sieht, aber trotzdem sofort erkennt: Es sind die gallischen Krieger Asterix und Obelix mit ihrem Hund Idefix.
Das Bild ist eine Szene aus dem jüngsten Abenteuer der wohl beliebtesten europäischen Comicfiguren, das an diesem Donnerstag unter dem Titel „Asterix und der Greif“ veröffentlicht wird. Es ist das inzwischen 39. Album der Reihe – und führt die unternehmungslustigen Gallier so tief in den Osten des Kontinents wie nie zuvor.
Die Handlung spielt diesmal, so viel wurde vorab bekanntgegeben, im bitterkalten Reich der Sarmaten zwischen Schwarzem Meer und Asien. „Asterix und der Greif“ ist das fünfte Album, das von den Nachfolgern des ursprünglichen Asterix-Zeichners Albert Uderzo, Jean-Yves Ferri und Didier Conrad, verwirklicht wurde. Mythologische Aspekte spielen darin eine größere Rolle als in früheren Alben.
Er habe sich bei der Geschichte diesmal besonders viel ausdenken müssen, sagte Ferri kürzlich bei einer ersten Präsentation erster Details zum neuen Album in Paris. Denn es gebe nicht viele Zeugnisse über das Reitervolk der Sarmaten, das von antiken Schriftstellen erstmals im sechsten Jahrhundert vor Christi erwähnt wurde. Aber er habe ja auch kein Geschichtsbuch schreiben wollen.
Im Mittelpunkt des 39. Albums steht ein rätselhaftes Tier, halb Adler, halb Löwe – der Greif. Er wurde von den Sarmaten als heiliges Fabeltier verehrt. Warum es die tapferen Gallier so weit in den Osten zieht? Natürlich haben die unseligen Römer mal wieder damit zu tun. Die haben sich nämlich auf den Weg gemacht, um den Greif zu rauben.
Eine Anspielung auf „Tim in Tibet“
Genauere Details unterliegen bis zum Erscheinungstag an diesem Donnerstag der Geheimhaltung. Zwar gab der französische Asterix-Verlag im Vorfeld der Veröffentlichung einige Informationen an die Öffentlichkeit – aber dabei wurde auch manch falsche Fährte gelegt.
So wurde eine Seite, die mutmaßlich aus dem Anfangsteil des neuen Albums stammt, bereits im Januar veröffentlicht. Asterix und Obelix sind darin bei einer Partie Schach zu sehen, mit Spielfiguren wie Cäsar, Wildschweinen und Hinkelsteinen, während der Dorfdruide Miraculix eingenickt zu sein scheint.
Da wacht er auf, stößt einen Schrei aus – wobei sein Dialog mit der Aufschrift „Vertraulich!“ verdeckt ist, um die Neugier der Leser anzustacheln. Miraculix teilt seinen Freunden mit, dass er von einem alten Freund geträumt hat, der in Gefahr sei oder ihn um Hilfe bat.
[Kürzlich ist ein bislang unbekannter Textentwurf von Asterix-Schöpfer Goscinny entdeckt worden – mehr dazu hier.]
Szenarist Jean-Yves Ferri zufolge war die Szene als Anspielung auf die frankobelgische Comicgeschichte und das Tim und Struppi-Abenteuer „Tim in Tibet“ von Hergé angelegt worden, als ebenfalls in einer Anfangsszene Tim von seinem chinesischen Freund Tschang träumt und überzeugt ist, dass dieser seine Hilfe benötigt.
Falsche Fährten, die Leser neugierig machen sollen
Miraculix bekommt so eine neue Facette verliehen: die eines Mediums, das im Traum mit anderen kommunizieren kann. Auftakt zu einer Reise, von der nur der Druide weiß, wohin sie führt.
Obwohl die Szene inhaltlich mit der neuen Geschichte verknüpft ist, war sie laut Ferri nur als Teaser für die Presse und Sozialen Medien gedacht und ist so nicht im neuen Album enthalten. „Ich habe die Gelegenheit genutzt, um die Vorgeschichte zum Abenteuer pointiert erzählen zu können, da der Aufbruch der Gallier im Album weggelassen wird.“
In sechs weiteren kurzen Strips, die in Frankreich im Frühjahr häppchenweise exklusiv im „Journal de Dimanche“ erschienen, wurden Ausschnitte aus der Fahrt von Asterix, Obelix, Miraculix und Idefix in einem Pferdewagen gezeigt, die viele Fans zum Rätseln über das Ziel der Reise anregte. Miraculix träumt von Kleopatra, schwebt in der Luft beim Meditieren. Im letzten Strip folgt ihnen das ganze gallische Dorf nach, beunruhigt durch fehlende Nachrichten von ihnen.
Doch diese Appetizer waren, sieht man sich das fertige Album an, falsche Fährten, die die Leser neugierig machen sollten.
„Asterix und der Greif“ ist das erste Album der Reihe, das nach dem Tod des ursprünglichen „Asterix“-Zeichners Albert Uderzo erscheint.
Dies sei das letzte Abenteuer gewesen, dessen Skizzen und Entwürfe Uderzo noch vorgelegt worden seien, sagte Ferri. Uderzo starb vor eineinhalb Jahren im Alter von 92 Jahren.
Eine Ausstellung ehrt Albert Uderzo
Im Pariser Musée Maillol ist derzeit eine große Ausstellung seines Lebenswerkes zu sehen, ausgerichtet von seiner Tochter Sylvie, unterstützt von ihrer Mutter Ada und einem Kuratorenteam. Ihr Titel: „Comme une potion magique“ (Wie ein Zaubertrank).
Die mit mehr als 300 Exponaten gut bestückte Schau, die bis Ende Oktober gezeigt wird, lässt seine Karriere Revue passieren und macht deutlich, wie vielseitig der Sohn italienischer Einwanderer war. Angefangen in seiner Kindheit in den 1930er Jahren über erste Comics in den 40ern bis zur Begegnung mit seinem kongenialen Co-Autor René Goscinny, mit dem zusammen er das Magazin „Pilote“ 1959 gründete und „Asterix“ erfand. Der Erfolg ging um die Welt.
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Und er könnte noch größer werden. Die Comics sind mit fünf Millionen Exemplaren weltweiter Erstauflage bei „Asterix und der Greif“ wohl so erfolgreich wie nie zuvor – doch sind sie nicht das einzige Projekt, das vom Unternehmen „Les Éditions Albert René“ lanciert wird. Es gehört zum Verlag Hachette, die Erbinnen Anne Goscinny und Sylvie Uderzos besitzen große Anteile.
Schon seit Jahrzehnten produziert die Firma auch Filme mit den bekannten Figuren, im April liefen die Dreharbeiten zum neuen Asterix-Film „Asterix – L’empire du milieu“ („Asterix – Das Reich der Mitte“) an. Gérard Depardieu spielt nicht wieder den Obelix, die Besetzung ist komplett neu.
Der Ruf von Asterix und Obelix reicht bis Shanghai
Der Film basiert, wie zuvor nur die Animationsfilme „Asterix erobert Rom“ und „Das Geheimnis des Zaubertranks“ auf einem Originaldrehbuch und nicht auf einem Asterix-Album. Soweit bisher bekannt, handelt der Film von Fu Yi, der Tochter des chinesischen Kaisers Han Xuandi, die nach einem Staatsstreich zu den Galliern flüchtet und diese um Hilfe bittet. Denn der Ruf der tapferen Krieger Asterix und Obelix reicht bis Shanghai. Der Film soll 2022 in die Kinos kommen.
Eine weitere Produktion ist bereits fertig: die TV-Animationsserie „Idefix und die Unbeugsamen“. Die erste Staffel umfasst 52 Folgen à zwölf Minuten und richtet sich an junge Zuschauer zwischen fünf und elf Jahren. Der Hund Idefix steht im Mittelpunkt, bevor er Asterix und Obelix begegnete (was bekanntlich im Album „Tour de France“ geschah). Gesendet wird die Serie ab 5. November 2021 auf Super RTL (zunächst wurden nur 39 Folgen angekündigt).
Eine Taschenbuchreihe mit Idefix-Comics
In Frankreich ist außerdem eine Taschenbuchreihe mit Idefix-Comics erschienen, die wahrscheinlich inhaltliche Schnittmengen mit der TV-Serie besitzt. Im Gegensatz zum 3D-Look der TV-Serie ist sie wie „Asterix“ im Uderzo-Stil gezeichnet. Die Idefix-Comics sollen im März 2022 auch auf Deutsch bei Egmont erscheinen.
Eine Netflix-Serie im 3-D-Look
Außerdem ist eine weitere Animations-Serie geplant, voraussichtlich ebenfalls im 3-D-Look, die von Netflix produziert wird und von Alain Chabat geschrieben und inszeniert wird. Inhaltlich soll sie auf dem Asterix-Album „Der Kampf der Häuptlinge“ von 1964 basieren. Die „Editions Albert René“ setzen darin die Hoffnung, dem Asterix-Kosmos international noch mehr Popularität zu verschaffen.
Die „Marke Asterix“ blüht also gerade so richtig auf – und das mehr als 60 Jahre nach dem ersten Auftritt der beiden Figuren im Jahr 1959.