1. FC Union trotzt der hohen Belastung: Siege sind das beste Mittel gegen schweren Beine

Julian Ryerson lächelte und überlegte einen Moment. Der Norweger hatte mit dem 1. FC Union gerade in der Europa League gegen Malmö gewonnen und wurde nun gefragt, wie es um seine körperliche Verfassung bestellt sei: bereit für Borussia Dortmund, fit genug für weitere 90 Minuten? Ryerson gehört zu den laufstärksten Profis der laufstärksten Mannschaft der Fußball-Bundesliga und hat in dieser Saison endgültig den Sprung zum Stammspieler geschafft.

Dem 24 Jahre alten Nationalspieler wäre es durchaus zuzutrauen, dass er die Außenlinie die ganze Nacht rauf- und runtersprintet. „Ich fühle mich immer besser“, antwortete Ryerson dann auch und nannte einen Grund, warum es bei Union trotz der kurzen Erholungspausen momentan so gut läuft. „Wenn wir Spiele gewinnen, hilft das.“

Schon in den vergangenen Tagen hatten die Berliner betont, dass die vielen Englischen Wochen nicht nur körperlich, sondern auch mental anstrengend seien. Diese Doppelbelastung lässt sich mit Erfolgserlebnissen deutlich besser verarbeiten. Die Endorphine reduzieren den Stress, die meisten Sportler schlafen nach Siegen besser, das Selbstvertrauen steigt und die positive Stimmung in der Mannschaft hilft ebenfalls. „Nach drei Punkten fällt es leichter, gut zu regenerieren“, sagte Abwehrchef Robin Knoche.

Erholung ist bei Union momentan das große Thema. Zwischen dem Sieg gegen Malmö am Donnerstagabend und dem Anpfiff des Bundesliga-Spitzenspiels gegen den BVB am Sonntag (17.30 Uhr, Dazn) liegen gerade mal 66 Stunden. Immerhin finden beide Spiele im Stadion An der Alten Försterei statt, nicht wie in der Vorwoche drei Mal in der Fremde. „Die Reisen kosten viel Kraft. Es hilft schon, wenn du Heimspiele hast“, sagte Ryerson.

Die Belastung ist trotzdem enorm und so erwartet Fischer von seiner Mannschaft eine große Leidensfähigkeit. „Die Einstellung ist die wichtigste Komponente“, sagte der Trainer. Man könne die Müdigkeit entweder zulassen oder diese mit mentaler Stärke überwinden. Bei Letzterem helfen auch die positiven Ergebnisse. „Wenn du erfolgreich bist, sind die Beine nicht ganz so schwer“, sagte Fischer.

Doch natürlich basieren Unions beeindruckende Leistungen nicht nur auf psychologischen Tricks. In der kurzen Zeit zwischen den Spielen arbeitet das Team rund um das Team auf Hochtouren. Bei den Stammspielern liegt der Fokus auf Regeneration, Physiotherapie, leichter Belastung. Die weniger eingesetzten Profis trainieren intensiver und halten sich bereit, um eventuell in die Startelf zu rotieren.

Richtiges Mannschaftstraining ist da kaum möglich und die Spielvorbereitung findet vor allem theoretisch statt. „Wir hatten zwei Tage Zeit, um ein bisschen zu regenerieren, ein bisschen zu trainieren“, sagte Fischer am Samstag. „Und heute haben wir Dortmund anhand von Videosequenzen etwas vorgestellt.“

Große taktische Überraschungen kann man daher kaum erwarten, diese sind aber auch nicht nötig. In der Bundesliga weiß mittlerweile jede Mannschaft sehr genau, wie Union spielt. Erfolgreich sind die Berliner dennoch mit ihren „Basics“, wie sie Fischer gerne nennt. Kompaktheit, gutes Verschieben, punktgenaues Pressing und blitzschnelles Umschalten funktionieren gegnerunabhängig und sind den Spielern in ihre DNA übergegangen.

Der Respekt vor den Dortmundern ist dennoch groß und eine Favoritendiskussion ist mit den Berlinern fast schon traditionell unnütz, Tabellenführung hin oder her. Verstecken will sich Union aber nicht. „Wir werden auch gegen den BVB angreifen und wollen zu Hause gewinnen“, sagte Ryerson.

Wie sich so ein Sieg gegen die Dortmunder anfühlt, haben viele Spieler und die Fans noch sehr präsent. Im August 2019 gelang den Berlinern ihr erster Sieg in der Bundesliga gegen den hochfavorisierten BVB, in der Folgesaison behielt Union die drei Punkte erneut in Köpenick. Im vergangenen Februar gab es gegen die Dortmunder allerdings ein deutliches 0:3, es war Unions letzte Heimniederlage in der Bundesliga. „Wir wollen es auf jeden Fall besser machen als damals“, sagte Knoche.

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