Das Herz von Goretzka ist auch eine Ermunterung an die Uefa
Ob die Uefa weiß, was sie getan hat? Wenn ja, war es ein grenzgenialer Plan, Hut ab. Wenn nein, dann hat sie der guten Sache dennoch einen großen Dienst erwiesen: Nie ist so viel über Toleranz und Vielfalt in der Gesellschaft gesprochen worden wie jetzt.
Das Verbot, die Allianz-Arena in den Farben des Regenbogens leuchten zu lassen, hat die Sache erst so richtig ins Rollen gebracht. Solidarität mit der LGBTIQ-Community über Grenzen hinweg, innergesellschaftliche und Landesgrenzen – wann hat es das in dem Ausmaß schon mal gegeben. Nicht im Fußball.
Dahinter kann der europäische Fußballverband nicht zurück. Das, was als national politisch von ihm bewertet wurde, ist darüber hinausgewachsen. Stadien wurden und werden erleuchtet wie die Menschen, die Fans.
Die zeigen, dass die Veränderung läuft. Regenbogenfarben auf Masken, Hüten, Fahnen, Jubel, wenn Manuel Neuer auf seine Kapitänsbinde als Zeichen der Diversität deutet – ein Sieg, gewissermaßen in der Vorrunde.
Noch ein guter Grund
Und die Uefa kann die Zeit jetzt nutzen, ihre Zugewandtheit zu trainieren. Die ist nicht so ausgeprägt, wie sie nach all den Jahren sein sollte, in denen über den Wert der Vielfalt international gesprochen wird. Zumal der Sport eine enorme Breitenwirkung hat, der Fußball besonders. Der DFB ist immerhin der größte Einzelsportverband der Welt.
„Good Cause“ – noch ein guter Grund wäre, konservative Gesellschaften wie die ungarische der veränderten, der neuen Welt zu öffnen. In der alten ist Homophobie verbreitet und in der werden trans Menschen so missachtet, dass sie an Selbsttötung denken. Das darf keiner dulden, der Preise für Fairplay vergibt und mit „respect“ wirbt.
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Das Herzchen von Leon Goretzka an die ungarischen Fans nach seinem Tor war aus diesem Blickwinkel eine geradezu dialektische Ermunterung. Sie war politisch im besten gesellschaftlichen Sinn.
Wenn es also kein Plan der Uefa gewesen sein sollte – es wird Zeit für einen. Das wäre eine wirklich gute Sache.