Zwischenlandung in Spandau: Polnische Fotokunst braucht keine Trends
Letzte Woche bin ich nach Salzburg geflogen, nach Dubai und auf die Insel Porto Santo. Auch einen Rundflug über Berlin habe ich gemacht. Alles von Spandau aus. Und bevor Sie jetzt aufschreien, wegen der Emissionen: CO2-Ausstoß fand höchstens im Kopf statt.
Wir saßen in einem Flugsimulator. Im Cockpit steuerten wir selbst. Inklusive Wasserlandung. In Spandau auf dem Gelände der „Motorworld“ kann man ausprobieren, ob man einen Airbus 320 in die Luft bekäme. Vor uns war eine Kindergruppe dran. Ist also alles machbar, auch für Leute, die sonst nur Fahrrad fahren. Der Co-Pilot ist ein Profi, der eingreift, wenn man die Kontrolle über Radar und Steuerknüppel zu verlieren droht.
Entdeckung in Spandau
Bemerkenswert war nicht nur die 3D-Simulation der österreichischen Alpen, sondern auch die Ausstellung „Ausnahmezustand“ nebenan in der Zitadelle. Im ZAK – Zentrum für Aktuelle Kunst wird derzeit junge Fotokunst aus Polen gezeigt. Es habe, so heißt es im Text zur Ausstellung, in Deutschland noch nie einen derart umfassenden Einblick in die polnische Fotoszene gegeben. Das ist erstaunlich, ich erinnere mich, dass zum EU-Beitritt Polens viel und interessiert auf die junge Kunst des Nachbarlandes geschaut worden ist. Aber offenbar eher auf die Maler.
„Stimmt“, bestätigt Jens Pepper, der die Ausstellung gemeinsam mit Grażyna Siedlecka kuratiert hat. Die Fotografie war in Polen 2004 noch stark von sozialistischen Traditionen geprägt. Inzwischen aber sei die Generation der nach 1989 Sozialisierten am Zug und die agiere sehr frei und sei wenig an internationalen Trends orientiert. 21 Positionen zeigt die Schau, ausgewählt wurden ausschließlich künstlerische Werke, keine Dokumentarfotografie.
Die Beiträge entstanden überwiegend in den letzten Jahren, in der in Polen die nationalkonservativen PiS-Partei regiert. Der Hang zum Patriotismus und die Ablehnung von vielem, was frei und liberal ist, macht auch Künstlern und Künstlerinnen zu schaffen. Polnische Fotokunst wird in polnischen Kunstinstitutionen gern ausgestellt, aber auch attackiert, wenn sie eine Grenze berührt.
Rafał Milachs mehrfach ausgezeichnete Serie „Strajk“, die als Reaktion auf die im Oktober 2020 verschärften Abtreibungsgesetze entstand, möchten die Kulturbehörden international am besten gar nicht ausgestellt sehen. Im Zak sieht man die Bilder, die Milach von Streikenden und Streikzuschauern auf Balkonen gemacht hat, vom Fotografen in gleißendes Licht gesetzt. Nur eine von vielen eindrücklichen Serien.
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