„Wenn du Dritter bist, willst du auch am Ende Dritter sein“: Union bewegt sich wieder am Limit
Robin Knoche sprach gerade über das nächste Spiel gegen Bayer Leverkusen, als aus dem Kabinentrakt in seinem Rücken fröhliches Geschrei ertönte. „Ich weiß nicht, was da los ist. Da werde ich gleich mal gucken“, sagte der Abwehrchef des 1. FC Union und zwinkerte dazu: „Erst mal schauen, wie wir überhaupt zurückkommen. Das ist um diese Uhrzeit ja gar nicht so einfach.“
Der 1:0-Erfolg von Union in der Fußball-Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach war da eine halbe Stunde alt, es war Sonntagabend um kurz vor 22 Uhr – aber Knoche kannte die Umstände der Heimreise selbstverständlich längst. „Es geht heute noch zurück, mit dem Flugzeug.“
Den Flieger haben die Köpenicker in den vergangenen Jahren auch für Dienstreisen über den Kontinent häufiger mal genutzt. Die mögliche erneute Teilnahme am internationalen Geschäft wird bei Union auch derzeit wieder betont bescheiden kommentiert.
Vier Punkte Vorsprung auf RB Leipzig
Doch nun hat der mögliche Sprung sogar bis hinauf in die Champions League endgültig realistische Züge angenommen. „Wir sind weiter demütig, schauen was gegen Leverkusen passiert“, sagte Knoche dazu, bekannte aber schon: „Es sind noch fünf Spiele, und wir wollen natürlich den maximalen Erfolg.“
In diesen fünf Partien gegen Leverkusen, Augsburg, Freiburg, Hoffenheim und Bremen geht das Team von Urs Fischer nach der Leipziger Niederlage bei Bayer mit einem Vorsprung von nun vier Punkten auf den aktuellen Ligafünften RB.
Auf dem noch immer etwas surreal erscheinenden Weg, sich im Herbst mit den fußballerischen Schwergewichten auf dem Kontinent messen zu dürfen, können sich die Berliner also sogar noch eine Niederlage erlauben.
Ihrer der Euphorie extrem unverdächtige Trainer Urs Fischer wiederholte nach dem Sieg im Borussia-Park zuverlässig seine „klare Position“ – und zwar „zu versuchen, sich zum dritten Mal in vier Jahren für das internationale Geschäft zu qualifizieren“.
Trainer Fischer lobt sein Team in höchsten Tönen
Bei aller Zurückhaltung räumte der erkennbar gelöste Schweizer aber zumindest ein, am Niederrhein exakt den Fortschritt gesehen zu haben, den er sich von seiner Mannschaft erhofft hatte. „Wir haben sehr diszipliniert, sehr gut und kompakt gespielt“, betonte Fischer, dann folgte der für ihn entscheidende Zusatz: „Speziell auch über 90 Minuten.“
Beim 1:2 in Dortmund vor zwei Wochen sei das seinem Team „schon gut gelungen“, beim 1:1 zuletzt gegen Bochum nur eine Halbzeit lang, rekapitulierte der 57-Jährige noch kurz. Dann formulierte er die zentrale Botschaft: „Über 90 Minuten eine perfekte Leistung zu bringen, das ist für uns als Union die Voraussetzung. Wir müssen uns immer am Limit bewegen, um Punkte zu holen.“ Mit diesen Zutaten kann es – diese Schlussfolgerung sprach Fischer natürlich nicht aus – tatsächlich für den großen Coup reichen.
„Das ist eine schöne Momentaufnahme. Wir wollen so erfolgreich wie möglich sein. Und wenn du Dritter bist, willst du auch am Ende Dritter sein“, betonte Mittelfeldspieler Rani Khedira in dem Gefühl des souveränen Auswärtserfolgs – bei dem sich die Gladbacher vor allem an der erstklassigen Defensivarbeit der Gäste die Zähne ausbissen.
Und auf dieser soliden Basis erzielte Angreifer Sheraldo Becker nach einer Stunde dann auch das Tor des Abends. „Eine überragende Bewegung“, schwärmte Borussias Coach Daniel Farke über die Szene, in der sich Becker bei einer Flanke von Jérôme Roussillon schnell und geschmeidig von Innenverteidiger Nico Elvedi löste und mit rechts volley ins linke Eck traf.
„Ein sehr wichtiges Tor für uns“, befand Fischer – und zu den möglichen Folgen des Treffers erklärte sein Kollege Farke mit den frischen Eindrücken vom Sonntagabend klipp und klar: „Wenn du nach 29 Spieltagen Dritter bist, hast du es auch verdient. Warum soll Union dazu nicht auch jetzt auf der Zielgeraden in der Lage sein?“