Vor der letzten Spielwoche in der NFL: Einige Vorentscheidungen und ein echtes Endspiel
Die Buffalo Bills sind seit Wochen im Play-off-Modus. Das Team um Star-Quarterback Josh Allen stand nach Woche 12 in der National Football League (NFL) bei einer Bilanz von sechs Siegen und sechs Niederlagen. Seither musste praktisch jedes Spiel gewonnen werden. Und das gelang – mal glücklich (20:17 bei Titelverteidiger Kansas City Chiefs), mal eindrucksvoll (31:10 gegen Mitfavorit Dallas Cowboys) und mal dreckig (erst beim 24:22 bei den Los Angeles Chargers und schließlich beim 27:21 am Silvestertag gegen die New England Patriots).
Tight End Dalton Kincaid meinte nach dem wenig berauschenden Erfolg gegen die Patriots rückblickend auf die letzten Wochen: „Jedes Spiel war immer das wichtigste und jetzt nach diesem Spiel ist in der nächsten Woche das nächste wichtigste Spiel für uns.“ Dann geht es für die Bills nach Miami zum Spitzenreiter der AFC East. Mit einem weiteren Sieg bei den Dolphins würde Buffalo noch den Titel in der Division holen und als Nummer zwei der American Football Conference in die Play-offs einziehen.
„Natürlich würde ich gern ein Heimspiel in den Play-offs haben“, sagte Josh Allen, machte allerdings auch klar: „Hauptsache wir erreichen die Play-offs überhaupt, das kommt an erster Stelle.“ Denn klar ist auch: für Buffalo kann bei einer Niederlage am letzten Spieltag die Saison auch komplett vorbei sein. Zehn Siege bei sieben Niederlagen können zu wenig sein, wenn die Pittsburgh Steelers bei den bereits als Nummer eins der AFC feststehenden Baltimore Ravens gewinnen. Das Spiel findet bereits am Vortag statt (Samstag, 22.30 Uhr deutscher Zeit) und die Chancen sind rechnerisch eher gering. Aber die NFL wäre nicht die NFL, wenn nicht alles passieren könnte.
Baltimore um Quarterback Lamar Jackson, der inzwischen als Favorit auf den Titel des Most Valuable Player (MVP) für die reguläre Saison gilt, setzte zuletzt zwei Ausrufezeichen. Zunächst gab es einen überzeugenden 33:19-Sieg bei den San Francisco 49ers, am Sonntag ließen die Ravens ein nicht minder dominantes 56:19 über Miami folgen. Die Bilanz von nunmehr 13 Siegen bei drei Niederlagen ist in der AFC nicht mehr zu toppen, in der NFC haben die 49ers Platz eins sicher bei einem Rekord von 12:4. Viele Experten halten ein neuerliches Aufeinandertreffen der beiden Topteams der Hauptrunde im Super Bowl für denkbar, sicher ist, dass sie sich ein Freilos für die Auftaktrunde der Play-offs verschafft haben. Und deswegen ihre Stars schonen können – schlecht für die Buffalo Bills.
Klar ist auch: In der AFC haben sich neben Baltimore außerdem Miami (11:5), Kansas City (10:6) und die Cleveland Browns (11:5) einen Platz in den Play-offs gesichert. In der National Football Conference (NFL) stehen neben San Francisco die Detroit Lions mit dem deutschen Top-Receiver Amon-Ra St. Brown (11:5, erster Divisionstitel nach 30 Jahren), die Dallas Cowboys (11:5), die Philadelphia Eagles (11:5) – und für manchen Experten überraschend – die Los Angeles Rams (9:7) vorzeitig in der K.-o.-Runde. Sechs weitere Teams kämpfen am kommenden Wochenende um die zwei verbleibenden Tickets. In der AFC sind drei Plätze vakant, für die noch fünf Mannschaften infrage kommen.
Womit wir wieder bei den Buffalo Bills wären. Die Mannschaft ist berühmt für ihre spektakuläre Misserfolge. Als einzige NFL-Franchise stand der Klub viermal in Serie in einem Super Bowl – und verlor alle vier Endspiele (Saisons 1990-1993). Zuletzt waren die Bills auch dank Josh Allen wieder zu einem Topteam aufgestiegen, der erste Titel in der NFL blieb aber bisher ein Traum. Legendär ist bis heute das 36:42 nach Verlängerung gegen die Kansas City Chiefs in der Saison 2021, nach dem die NFL sogar die Overtime-Regeln modifizierte.
Auch in dieser Saison war wieder viel Drama dabei. Alle sechs Niederlagen in dieser Spielzeit waren knapp, sogenannte One-Score-Games. Zweimal verlor Buffalo in der Verlängerung und zeigte sich gerade in Spielen gegen vermeintliche Außenseiter wacklig. Vier der Niederlagen gab es gegen Mannschaften, die aktuell keine positive Bilanz aufweisen. Ein Scheitern am kommenden Wochenende in Miami wäre für die Bills eigentlich nur typisch, das Verlierer-Image wäre damit manifestiert und das Erfolgsfenster für einen möglichen Titelgewinn könnte sich so langsam wieder schließen. Das Team ist hochpreisig zusammengestellt, es droht der Ausverkauf, weil die Starspieler schlichtweg zu teuer werden.
Auf der anderen Seite hat es Buffalo selbst in der Hand. Das Selbstvertrauen ist da, die Klasse ebenso – und auch der Respekt der Gegner dürfte nicht eben gering sein. Keine Mannschaft möchte in den Play-offs auf ein formstarkes Team treffen, das von Josh Allen angeführt wird. Für die Bills ist alles drin in Miami und bei einem Sieg womöglich sogar noch deutlich mehr als nur der Divisionstitel.