„Tumor, Krebs – das ist heftig“
Bei Marco Richter, 24, ist vor drei Wochen eine Hodenkrebserkrankung festgestellt worden. Inzwischen ist der Fußballprofi von Hertha BSC erfolgreich operiert worden. Auf seinem Instagram-Account teilte Richter vor rund zehn Tagen mit: „Der Tumor war zwar bösartig, ist aber erfolgreich entfernt worden und ich brauche keine Chemotherapie und kann bald wieder voll angreifen.“
Am Montag absolvierte er erstmals wieder eine individuelle Einheit auf dem Trainingsplatz. Vor dem Training stellte er sich den Fragen der Medien. Hier seine wichtigsten Aussagen, aufgezeichnet von Stefan Hermanns.
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Herr Richter, wie geht es Ihnen?
Jetzt super. Ich bin echt froh und glücklich, wieder hier zu sein, und bin vom Team sehr gut aufgenommen worden. Es war natürlich eine harte Zeit. Aber mir geht’s wirklich gut. Bis auf die Laufeinheiten, die werden immer anstrengender. Das ist nicht so cool (lacht).
Sie sind schon am Samstag, bei Herthas Fanfest, gefeiert worden. Wie haben Sie das erlebt?
Das war echt was Besonderes. Dass ich so empfangen wurde, das war richtig cool. Ich hatte auch die eine oder andere Träne im Auge. Das war nicht ganz so einfach. Überhaupt habe ich so viele Nachrichten und Genesungswünsche von den Fans bekommen, die konnte ich alle gar nicht beantworten. Ich versuche es tatsächlich, aber es sind immer noch so viele. Es war von Anfang an so, dass ich extrem viel Stärke gefühlt habe. Das hat mir extrem gutgetan.
Was waren Ihre ersten Gedanken, nachdem Sie die Diagnose Hodenkrebs bekommen haben?
Zum Nachdenken hatte ich gar nicht die Zeit, und das jetzt noch mal Revue passieren zu lassen, das möchte ich eigentlich nicht. Das ist auch wichtig für den Kopf. Natürlich war es nicht einfach. Aber es ging ja auch alles relativ schnell. Einen Tag, bevor ich mit Hertha ins Trainingslager fliegen sollte, dachte ich, ich schau noch mal kurz beim Arzt vorbei, weil es tatsächlich etwas schmerzhafter geworden war. Dann kam die Diagnose, und schon am nächsten Tag bin ich operiert worden. Es ist alles gut verlaufen. Ich habe danach keine Schmerzen gehabt, gar nichts. Die Narbe sieht gut aus. Es war schwierig, aber ich habe es irgendwie geschafft. Alles ist raus aus meinem Körper.
Müssen Sie trotzdem noch irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen beachten?
Ich soll alle drei, vier Monate ein MRT machen lassen, obwohl die Chance, dass da noch mal etwas kommt, gering ist. Was das Training betrifft: Solange die Narbe gut aussieht, kann ich das Pensum immer weiter steigern. Deswegen denke ich, dass es nicht mehr also lange dauern wird. Trotzdem bin ich vorsichtig damit zu sagen: Dann und dann steige ich wieder ins Mannschaftstraining ein. Aber ich bin auf einem guten Weg.
Wann rechnen Sie mit Ihrem Bundesliga-Comeback?
Ich gucke von Tag zu Tag: wie es mir geht, was die Narbe macht. Stand jetzt ist alles gut. Aber ein Zeitlimit habe ich mir nicht gesetzt. Ich bin natürlich Vollblutfußballer und will so schnell wie möglich wieder auf den Platz und der Mannschaft helfen. Aber ich habe auch die Rückendeckung vom gesamten Trainerteam, mir die Zeit zu nehmen, die ich brauche. Dafür bin ich sehr dankbar.
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Wie sehr schärft ein solcher Vorfall das Bewusstsein, dass Gesundheit tatsächlich an erster Stelle stehen muss?
Ich glaube, das habe ich noch gar nicht so richtig aufgearbeitet, weil es schon etwas Größeres ist. Tumor, Krebs – das ist heftig. Aber, klar, Gesundheit steht an erster Stelle. Deswegen war auch mein Instagram-Post nicht ohne Hintergedanken. Das war noch mal ein Aufruf: Wenn irgendjemand etwas spürt, soll er auf jeden Fall eine Kontrolle machen lassen. Je früher, desto besser. Das hat man leider an Timo …
… Baumgartl vom 1. FC Union …
… und Sébastien …
… Haller von Borussia Dortmund …
… gesehen.
Sowohl Sie als auch Baumgartl und Haller, die ebenfalls an Hodenkrebs erkrankt sind, sind sehr offen mit diesem Thema umgegangen, obwohl es etwas sehr Intimes ist. Wie wichtig ist es, das nicht zu einem Tabu zu machen, sondern ein Bewusstsein zu schaffen?
Der erste Gedanke nach der Diagnose war tatsächlich, dass man das eigentlich nicht nach draußen tragen will. Trotzdem glaube ich, dass wir Profifußballer mit unserer Reichweite viele dazu bewegen können, den Schritt zum Arzt zu wagen. Auch wenn es vielleicht für Männer wirklich eine Art Tabuthema ist. Es ist eben nicht ganz so angenehm. Aber ich hoffe, dass bei einigen ein Umdenken stattgefunden hat. Deswegen finde ich, dass es der richtige Schritt war, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.