Vom Comic zum Kinderroman zum Film: „Eva & Adam“ erzählt leichtfüßig von der ersten Liebe
Adam (Olle Cardell) ist gerade mit seinen Eltern aus der südschwedischen Provinz Schonen nach Göteborg gezogen. Die Trennung von seiner besten Freundin Molly (Melina Lindskog Pascalidou) fällt ihm schwer, zumal sie ihm einen zärtlichen Abschiedskuss gibt. Außerdem hat sie ihm eines der beiden Kaninchen mitgegeben, die sie gemeinsam besitzen und versorgen.
Im neuen Zuhause in der Großstadt fühlt sich Adam allerdings bald wohl und auch in der neuen Schule kommt er gut zurecht. Und in Alexander (Lukas Wetterberg) findet er rasch einen guten Kameraden. In seiner sechsten Klasse fällt ihm die hübsche Eva (Sonja Holm) ins Auge, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Wenn die beiden sich morgens in der Straßenbahn begegnen, kribbelt es ein bisschen in beider Bauch.
Doch Adam wie Eva müssen sich mit Problemen herumschlagen. Eva weigert sich, Tiere zu essen, und engagiert sich mit ihrer Freundin Annika als Tierschützerin. So heften sie in einer Tierhandlung Post-it-Zettel mit Appellen wie „Hilfe“ oder „Lasst mich raus“ an die Käfige und posten danach die Protestaktionen auf ihrem Blog, um eine größere Resonanz zu erreichen. Als Adam von Evas Engagement erfährt, sorgt er dafür, dass sie sein Kaninchen nicht sieht, das er noch in einer provisorischen Kiste hält.
Das Mädchen wiederum schafft sich selbst ein gewichtiges Problem. Sie verspricht auf Drängen Annikas zunächst widerwillig, dass sie mit Jungs nichts mehr zu tun haben will. Denn Annikas Vater ist gerade dabei, sich von seiner Frau zu trennen. Doch die Anziehungskraft des sanften Adam ist für Eva zu groß. Spontan lädt die versierte Fußballspielerin ihn zum Fußballtraining ein, doch das ist nicht sein Ding. Er ritzt lieber ein Bild von Eva in die Erde. Das Techtelmechtel der beiden bleibt natürlich auch Annika nicht lange verborgen, die sehr enttäuscht ist, dass Eva den Anti-Jungs-Pakt gebrochen hat.
Der erste lange Kinospielfilm der schwedischen Regisseurin Caroline Cowan steht am Ende einer Kette diverser Verwertungen eines populären Stoffes. Am Anfang war ein Comic, gefolgt von einer Kinderroman-Reihe und einer Fernsehserie mit zwei Staffeln.
Die Comicreihe wurde geschaffen von Zeichner Johan Unenge und Szenarist Måns Gahrton. Sie wurde von 1990 bis 1993 in der Zeitung „Kamratposten“ veröffentlicht, das erste Album erschien 1993. Seitdem sind zahlreiche weitere Comic-Bände auf Schwedisch erschienen.
Auf Deutsch wurden die Comics bislang nicht veröffentlicht. Hierzulande liegt von Unenge und Gahrton bislang lediglich das Bilderbuch „Sonja und die Ent-Scheidungsmütze“ vor, das 2022 beim Hamburger Carlsen-Verlag erschien. Es handelt von den Folgen einer Trennung der Eltern für ihre Kinder und richtet sich an junge Leserinnen und Leser ab 4 Jahren.
2001 realisierte die Regisseurin Catti Edfeldt den Kinofilm „Eva & Adam – Vier Geburtstage und ein Fiasko“ nach einem Drehbuch der beiden Romanautoren. Die schrieben nun auch das Drehbuch für den aktuellen Kinofilm, der jedoch kein Remake oder Sequel ist, sondern eine neue Geschichte erzählt.
Cowan erzählt konsequent aus Kindersicht und versteht es ausgezeichnet, die Irrungen und Wirrungen der ersten Verliebtheit von Minderjährigen anschaulich zu schildern. Sie profitiert dabei von den Erfahrungen, die sie bei der Kinderserie „Joy“ (2014) und dem Kurzfilmdrama „Departure“ (2007) gesammelt hat. Die agile Kamera von Carl Nilsson bleibt meist nah an den Kinderfiguren und fängt das emotionale Auf und Ab der jungen Darsteller geschickt ein, die beachtliche Leistungen zeigen.
Die smarte Montage wechselt häufig zwischen Eva und Adam und ihren jeweiligen Familien, sodass kein Leerlauf entsteht. Während es in der Familie Evas, die einen jüngeren und einen älteren Bruder hat, oft turbulent zugeht, wird Adam als einziger Sohn von seinen Eltern überaus liebevoll umsorgt. Allerdings ist es auch seine warmherzige Mutter, die ihn ausgerechnet an seinem Geburtstag mit einer gutgemeinten Überraschung in eine peinliche Situation manövriert, die für ihn in einem Fiasko endet.
Dass viele Kinder inzwischen unter weit schwierigeren Verhältnissen aufwachsen, zeigen die Familien der jeweilig besten Freunde. So befürchtet die frustrierte Annika, dass ihre Familie zerbricht, weil sich ihre Eltern häufig streiten und ihr Vater schon eine andere Frau küsst. Alexander kann sie allerdings ein Stück weit beruhigen: Seine Eltern sind bereits geschieden und verstehen sich offenbar seitdem besser als während ihrer Ehe.
Erfreulicherweise verzichtet die geradlinige Inszenierung auf einen dramaturgischen Standardkniff, bei dem ein neuer Schüler oder eine neue Schülerin zunächst auf Ablehnung stößt oder drangsaliert wird. Stattdessen befasst sie sich lieber mit Geschlechterrollen und -identitäten, die brüchig geworden sind. Augenfällig wird das in erster Linie in der Figur des Adam. Mit seinen lockigen langen Haaren wirkt er eher wie ein Softie als eine Sportskanone, und in der Tat kann er weder gut Fußball spielen noch Skateboard fahren wie sein forscher Klassenkamerad Alexander. Besonders deutlich wird die Rollenumkehr, als Adam und Eva nach dem Fußballtraining zusammensitzen. Als ihm kühl wird, zieht sie sofort ihre Weste aus und hängt sie ihm um die Schultern.
„Eva & Adam“ bietet altersgerechte Unterhaltung und überzeugende Identifikationsfiguren für Teenager, die in ersten amourösen Verwicklungen stecken. Dass sich im sonnigen Göteborg am Ende manche Konflikte und Probleme allzu flott und glatt und ohne bleibenden Groll wie von selbst auflösen, lässt sich leicht verschmerzen. (KNA/lvt)