Neues Modell, alter Standort
Ziemlich am Ende, nach knapp fünf Stunden, wird Fredi Bobic aus dem digitalen Off eine simple Frage gestellt: „Wo steht Hertha BSC in fünf Jahren?“ Bobic, seit etwas mehr als einem halben Jahr Geschäftsführer Sport des Berliner Fußball-Bundesligisten, gibt darauf eine simple Antwort: „Besser als heute.“
Dazu gehört vermutlich auch, dass die Profis von Hertha BSC in fünf Jahren nicht mehr dort ihrer Arbeit nachgehen, wo sie es aktuell tun, nämlich im großen und oft überdimensionierten Olympiastadion. Schon länger verfolgt der Verein die Idee, ein eigenes Stadion zu bauen. Und auch wenn der ursprüngliche Zeitplan mit einer Eröffnung im Juli 2025 längst überholt ist, wird das Projekt im Hintergrund weiter vorangetrieben. Das ist auch am Sonntag bei der digitalen Mitgliederversammlung des Vereins noch einmal deutlich geworden. „Wir wollen und werden mit diesem Projekt die Wirtschaftskraft von Hertha BSC stärken“, sagt Bobics Geschäftsführerkollege Ingo Schiller.
In den vergangenen Monaten ist der Eindruck entstanden, dass es in der Sache nicht entscheidend vorangeht, weil vor allem die Berliner Politik weiterhin mauert. Darauf spielt auch Schiller an, der über mangelnde Unterstützung klagt. Doch damit will sich Hertha nicht abfinden. Seinen Mitgliedern präsentiert der Verein am Sonntag ein neues, überarbeitetes Modell des eigenen Hertha-Stadions. Entscheidend dabei: Der Standort ist unverändert geblieben. Hertha präferiert weiterhin eine Lösung auf dem Olympiagelände, ein Stadion an der Rominter Allee, in unmittelbarer Nähe der U-Bahn-Station.
„Nach Überzeugung der Fachleute, aber auch nach unserer Überzeugung haben wir den richtigen Standort gefunden“, sagt Schiller. Die Frage ist, ob die Politik das ähnlich sieht. Immerhin befinden sich dort, wo Hertha einmal bauen will, derzeit noch Wohnungen, die weichen müssten. Schiller ist trotzdem „guter Dinge, dass die Unterstützung durch den Regierungswechsel jetzt noch einmal in einem neuen Licht gesehen wird“. Schließlich sei das neue Stadion für die Zukunft des Vereins das wichtigste Projekt überhaupt.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
Die Gegenwart Herthas, die vor allem durch die Herausforderungen der Pandemie geprägt ist, stellt sich sportlich weiterhin schwierig dar; finanziell aber könnte es noch deutlich ungemütlicher sein. Einnahmen von 105,2 Millionen Euro standen im Geschäftsjahr 2020/21Aufwendungen von 183,2 Millionen Euro gegenüber. Trotzdem sagt Schiller: „Wir sind aktuell gut aufgestellt, um die Aufgabe der Zukunft zu meistern.“ Das habe Hertha vor allem dem Investment der Tennor Gruppe von Lars Windhorst zu verdanken: „Das ist der entscheidende Faktor für die wirtschaftliche Stabilität und die Planungssicherheit.“
Hertha habe dank Tennor nicht nur die Verbindlichkeiten deutlich reduzieren, sondern das Eigenkapital verdreifachen können. Damit zähle der Klub zu den Top-drei-Vereinen in Deutschland sagt Schiller. Für die aktuelle Saison kündigt Herthas Finanzgeschäftsführer an: „Wir werden einen positiven Cashflow erzielen und auch unsere Verbindlichkeiten noch weiter reduzieren.”
Michael Preetz wird weiterhin vom Verein bezahlt
Trotzdem ist es nicht so, dass Fredi Bobic in großem Maße in die Mannschaft investieren kann. „Wir müssen den Kader verkleinern und ihn wirtschaftlich gesunden“, sagt er. Seine Möglichkeiten sind auch dadurch begrenzt, dass noch Verpflichtungen aus der Vergangenheit bestehen, die Bobic nicht zu verantworten hat.
Sein Vorgänger Michael Preetz, seit knapp einem Jahr nicht mehr im Amt, steht offenbar immer noch auf Herthas Gehaltsliste. Wann das Arbeitsverhältnis denn aufgelöst werde, wird Präsident Werner Gegenbauer gefragt. „Wenn sich beide einig sind“, antwortet er. „Das ist bisher noch nicht der Fall.“