Loyle Carner, Taylor Swift, Leftovers, Tom Liwa: Die Pop-Alben der Woche im Soundcheck
Loyle Carner: Hugo (Universal)
Schmerz, Befreiung, Vergebung: Loyle Carner macht es sich auf seinem neuen Album „Hugo“ nicht leicht. Zwischen satten Jazzbeats und entspannten Rapbars verarbeitet er seine Erfahrungen als schwarzes Kind in einer weißen Mehrheitsgesellschaft und ergründet die Themen Vaterschaft, die strukturelle Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen und wie er und wir alle diese Barrieren überwinden können. Aus dem Stand ein Meisterwerk. Aida Baghernejad, freie Kulturjournalistin
Taylor Swift: Midnights (Universal)
Nach den pandemiebedingten Folk-Ausflügen „Folklore“ und „Evermore“ stellt Taylor Swift mit „Midnights“ unter Beweis, dass sie noch immer Pop machen kann. Lyrisch bleibt sie ihren vermeintlichen Young-Adult-Themen treu, bietet musikalisch aber, anders als zuletzt auf „Lover“, keinen Pop-Konfekt an, sondern ein Mitternachts-Konzept aus einem schön glitzernden und in sich ruhenden Guss. Julia Friese, freie Kulturjournalistin
Leftovers: Krach (Phat Penguin)
Rock ist tot, aus der Zeit gefallen, das Modell Rockband obsolet: Alles klar, verstanden, aber dann kommen die 19-, 20-jährigen Leftovers aus Wien und zeigen – noch leicht stolpernd und schwankend, aber radikal-schön – wie überzeugend die Idee von der Rockband als Gang von Freundinnen und Freunden auch heute noch sein kann, wenn man sie mit Hingabe und Radikalität füllt. Weltekel, Tristesse, Teenage Angst, Liebeskummer, Rebellion, Grunge, Hamburger Schule – und über allem: no Filter. Torsten Groß, Moderator
Tom Liwa: Eine andere Zeit (Eigenlabel)
Man macht sich immer Sorgen um ihn. Zu zerbrechlich für diese Welt, denkt man, meistens halb da, halb woanders, schwer zu sagen wo. Und das denkt man natürlich, weil Tom Liwa es zu denken gestattet auf seine unnachahmliche Art, Dinge schleifen zu lassen. Nun geht der 61-jährige Kopf der Flowerpornoes noch einen Schritt weiter ins Prekäre und verwandelt sich seelisch-musisch in eine Frau. Als solche rekapituliert sie sein Leben.
Dazu eine Gitarre, die Ehrlichkeit einfordert, unerbittlich. Liwa sagt, es sei die Musik seiner Zwillingsschwester, „die nie ganz hier sein durfte“, eines ungeborenen Mädchens, „ohne das es mich nicht gäbe“.
So erweist sich Liwa mal wieder als ein spiritueller Kundschafter von Stimmungen, in denen wir anderen den Überblick verlieren.
Kai Müller, Tagesspiegel
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