Kein Transfer, kein Problem: Die Isco-Posse zeigt, wie gefestigt der 1. FC Union ist

Ein denkwürdiger Tag mit vielen Irrungen und Wirrungen endete mit einer wundervollen Szene. Josip Juranovic legte den Ball am Fünfmeterraum bereit, von der Waldseite erhob sich ein freudiges Crescendo und Jerome Roussillon erzielte doch noch sein Tor. Dass das Achtelfinale im DFB-Pokal seit etwa fünf Minuten beendet war, spielte dabei keine Rolle.

Der französische Außenverteidiger in Diensten des 1. FC Union wurde lautstark bejubelt, obwohl ihm in der letzten Aktion des Spiels das unfreiwillige Kunststück gelungen war, einen Konter auf das leere Tor noch zu vergeigen. „Er ist der erste Spieler, der nach so einem Fehlschuss von uns vor der Kurve gefeiert wird“, sagte Rani Khedira und lachte. „Das spricht ein Stück weit auch für unsere Mannschaft.“

Doch nicht nur aus diesem Grund war der 2:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg, durch den Union zum zweiten Mal in Folge das Viertelfinale erreicht, ein weiterer Beweis für den außerordentlichen Charakter dieser Mannschaft. Zum dritten Mal in vier Spielen in diesem Jahre gerieten die Berliner in Rückstand – und wieder gelang ihnen ein Comeback-Sieg. „Das macht was mit der Truppe“, sagte Khedira.

Doch die größten Widrigkeiten boten sich dem Klub nicht auf dem Rasen. In den 24 Stunden vor dem Spiel waren die Berliner in den überregionalen und internationalen Medien so präsent gewesen wie noch nie, um das Pokalachtelfinale ging es dabei aber nicht. Zum ersten Mal dominierte Union die Transferticker am sogenannten Deadline Day.

Isco befindet sich auf dem Weg nach Berlin, Isco ist beim Medizincheck angekommen, Isco steht kurz vor der Unterschrift. Die sich anbahnende Verpflichtung des fünffachen Champions-League-Siegers wurde in Echtzeit begleitet – und scheiterte dann spektakulär.

Für die Spielvorbereitung sei das „sicherlich nicht optimal“ gewesen, sagte Trainer Urs Fischer hinterher. Er habe sich angesichts der Ereignisse die Frage gestellt, ob man am letzten Tag des Transferfenster vielleicht lieber keine Spiele ansetzen sollte. „Aber wir wollten uns kein Alibi schaffen und die Mannschaft hat es gut weggesteckt.“ Nach einem Sieg lässt sich das leicht mit Fischers bekannter Nüchternheit sagen.

Isco absolvierte am Dienstagmorgen den Medizincheck, später platzte der Transfer.
Isco absolvierte am Dienstagmorgen den Medizincheck, später platzte der Transfer.
© dpa/Matthias Koch

Mit eben jener beschrieb auch Khedira den Tagesablauf. „Heute früh haben wir erfahren, dass er kommt. Am Mittag dann, dass er doch nicht kommt“, sagte der Mittelfeldspieler. „Das wäre eine geile Geschichte gewesen, aber wir haben auch so eine geile Mannschaft. Das Thema ist vom Tisch.“

Die sportliche Leitungsebene wird die Transferposse sicherlich noch etwas länger beschäftigen. Unions erster Ausflug in die Delikatessenabteilung des internationalen Spielermarktes endete mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Auf weitere Verhandlungen wie jene mit Gestifute, einer der bekanntesten Berateragenturen der Welt, die unter anderem Cristiano Ronaldo zu ihren Kunden zählt, kann Oliver Ruhnert sicher gerne verzichten.

„Bevor man einen Medizincheck durchführt, sind ja alle Dinge besprochen. Dann wurden nochmal Änderungen am Vertrag gewünscht“, sagte Unions Manager bei Sky. „Nachdem die Änderungen heute da waren, haben wir gesagt: ‘Das geht so nicht’. Dann war es für uns klar, dass wir uns nicht darauf einlassen, irgendwelche Dinge zu tun, die nicht zu uns passen.“

Iscos Berater beschuldigen hingegen Union, sich nicht an die Absprachen gehalten zu haben. Die Köpenicker Vereinslegende Torsten Mattuschka mutmaßte bei Sky, dass es sich um ein Missverständnis handelte. In Spanien werden Gehälter normalerweise Netto angegeben, in Deutschland Brutto.

Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass eine Agentur wie Gestifute und ein Verein wie Union, die beide nicht zum ersten Mal einen internationalen Transfer abwickeln wollten, an einem solchen Dilettantismus gescheitert sind.

Union wird dieses unerfreuliche Kapitel sicherlich so schnell wie möglich hinter sich lassen wollen und die Mannschaft blickt schon wieder auf das nächste Spiel. Am Samstag kommt Mainz 05 ins Stadion An der Alten Försterei und die Berliner können zumindest für eine Nacht an die Tabellenspitze klettern. „Wenn du so einen Lauf hast, willst du auf der Welle weiterreiten“, sagte Khedira.

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