Israelische Sängerin Yuval Raphael beim ESC: Der Kampf der Überlebenden

Es sind noch einige Monate hin bis zum diesjährigen ESC-Finale, das vom 10. bis zum 17. Mai in Basel stattfindet. Doch gibt es schon jetzt eine ganz besondere Geschichte zu diesem Event, der dezidiert kein politischer sein will, aber Jahr für Jahr ein Politikum ist. Denn beim Finale der israelischen ESC-Casting-Show „Hakochav Haba“ setzte sich am Mittwochabend in Tel Aviv die Sängerin Yuval Raphael durch, die als Musikerin genauso wenig wie die anderen drei Mitfinalisten Daniel Weiss, Valeri Hamati sowie Red Band and Moran Aharoni außerhalb Israels bekannt ist.
Bekannt wurde Raphael aus einem völlig anderen Grund, der ein fürchterlicher ist: Yuval Raphael hat das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 überlebt, nachdem sie das Nova-Festival besucht hatte. „Ich wurde Zeuge unaussprechlicher Schrecken – Freunde und Fremde wurden vor meinen Augen verletzt und getötet“, erzählte sie 2024 im Genfer Jerusalem Institute of Justice bei der UN. „Als die Leichen der Ermordeten auf uns fielen, begriff ich, dass ich mich nur unter ihnen verstecken konnte, um den Albtraum zu überleben.“
Mein Vater sagte zu mir: Stell’ dich tot, stell’ dich tot!
Yuval Raphael
Raphael hatte sich mit ungefähr fünfzig anderen jungen Menschen in einem Bunker am Straßenrand versteckt. Nacheinander seien immer wieder Gruppen von Hamas-Terroristen gekommen und hätten in den Bunker geschossen, um sicherzustellen, dass alle Menschen tot waren. Sie selbst versteckte sich unter den Leichen, nachdem ihr Vater ihr am Telefon geraten hatte, sich totzustellen. Von den Menschen im Bunker überlebten nur elf oder zwölf. „Ich kann gar nicht erklären, wie schwer ein Körper wird, wenn er tot ist.“ Nach acht Stunden wurde sie schließlich von den israelischen Truppen befreit.
Raphael, die 2001 geboren wurde und aus Ra’ anana stammt, einem Vorort von Tel Aviv, begann erst im Anschluss an die schrecklichen Ereignisse mit ihrer Gesangskarriere. Das Singen und das öffentliche Erzählen von ihrem Überleben und den Ereignissen des 7. Oktober sind für sie nicht zuletzt therapeutische Maßnahmen, um das Trauma dieses Tages zu bewältigen.
Was Raphael in einem Interview vor dem Finale ebenfalls sagte: „Musik gehört zu den wichtigsten Bestandteilen meines Heilungsprozesses“. Und, im Hinblick auf Basel und das ESC-Publikum in Europa, so wie sie das sehr eindrücklich schon in Genf und anderswo vor anderen Auditorien getan hatte: „Ich möchte ihnen die Geschichte des Landes erzählen und von dem, was ich durchgemacht habe, von dem, was andere durchgemacht haben. Ich möchte das aber nicht aus einer Position des Mitleids heraus erzählen. Sondern aus einer Position, in der ich stark bin angesichts dieser Situation und angesichts der Buhrufe, von denen ich mir zu 100 Prozent sicher bin, dass sie von der Menge kommen werden.“
In Malmö gab es antisraelische Demonstrationen
Damit spielt Yuval Raphael auf die Ereignisse beim ESC in Malmö vor einem Jahr an. Damals hatte es wegen des Gaza-Kriegs zahlreiche Proteste gegen den Auftritt der israelischen Sängerin Eden Golan gegeben; über zehntausend Menschen waren in Malmö, der Stadt mit der größten palästinensischen Gemeinde in Schweden, zu verschiedenen Demonstrationen unter dem Motto „Schließt Israel von der Eurovision aus“ gekommen.
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„Zurschaustellung von Hass“ Israelischer Sender kritisiert Verhalten gegenüber ESC-Kandidatin Eden Golan
Welchen Song Yuval Raphael in Basel singen wird, ist nicht entschieden; auch nicht, ob sie überhaupt im Finale landet, denn sie muss sich erst in einem Halbfinale dafür qualifizieren.
„Es ist eine Möglichkeit, sich gegen sie zu wehren“, hat Yuval Raphael damals noch in Genf gesagt. Man kann davon ausgehen, dass sie auch ihre Teilnahme beim ESC in Basel als eine Art von Kampf begreift – auf dass ein Massaker wie das am 7. Oktober nie mehr passieren möge.