Im Alter von 83 Jahren gestorben: Schauspielerin Vera Tschechowa ist tot
Die grünen Augen waren ihr Markenzeichen. Für die Heinrich-Böll-Verfilmung „Das Brot der frühen Jahre“ bekam Vera Tschechowa 1962 den Bundesfilmpreis, nachdem sie erstmals 1957 im Wirtschaftswunderfilm „Witwer mit fünf Töchtern“ mit Heinz Ehrhardt vor der Kamera gestanden hatte. Nun ist die Schauspielerin und Filmemacherin nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben.
Zuschauer kennen sie aus Filmen wie „Zeit der Empfindsamkeit“, „Rausch der Verwandlung“ oder Fernsehserien. Mit ihrem damaligen Ehemann Vadim Glowna drehte sie in den 80er Jahren den Cannes-Beitrag „Desperado City“, die Max-Frisch-Verfilmung „Blaubart“ und die Doku-Ficiton „Tschechow in meinem Leben“ über ihre berühmte russische Künstlerfamilie.
Nach 1996 wechselte sie die Seite und arbeitete hinter der Kamera. „Die Drehbücher, die ich bekam, gefielen mir nicht. Dann hab’ ich gesagt: Danke, das muss ich jetzt nicht mehr“, sagte sie vor eineinhalb Jahren im Interview mit dem Tagesspiegel. Sie erzählte dort auch über ihre Teilnahme an der 1971 von Alice Schwarzer initiierten Aktion „Wir haben abgetrieben“.
Als Regisseurin und Produzentin realisierte Tschechowa dann zahlreiche Dokumentar- und Porträtfilme, unter anderem über den Filmemacher Ang Lee, über die Schauspieler:innen Katja Riemann und Klaus Maria Brandauer, den Kameramann Michael Ballhaus und den früheren sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse.
Ihr Name war eine Bürde für sie, wie sie selbst sagte: Sowohl ihre Mutter als auch ihre Großmutter waren Schauspielerinnen. Der Dichter Anton Tschechow war ihr Urgroßonkel. Irgendwann zwischen 30 und 40 habe sie zu sich gefunden: „Eines Tages war ich dann Vera Tschechowa.“
Ursprünglich wollte sie Bühnenbildnerin werden. Das Schauspielhandwerk lernte sie in Berlin und München, sie war eine der Schönheiten der jungen Bundesrepublik, ihr Gesicht wie gemacht für Autogrammkarten.
In diese Ära fällt auch eine Begegnung mit Elvis Presley. Die junge Tschechowa wurde mal zu einem Fototermin mit Elvis geholt, als dieser als US-Soldat in Bad Nauheim stationiert war. Viel später gab es dann noch eine Begegnung mit dem „King“: Als Tschechowa in München Theater spielte, hörte sie, dass ein einziger Mann die ganze Vorstellung gekauft habe. Und so saß Elvis im Saal, die Füße auf der Lehne und ohne ein Wort zu verstehen, wie Tschechowa amüsiert berichten konnte. Presleys Werben hat sie widerstanden.
Mehrere Jahrzehnte war sie mit dem Unternehmer und Produzenten Peter Paschek verheiratet, ihr Sohn Nikolaus Glowna ist Filmkomponist. In ihrem Leben sei es immer schön gewesen, sagte die Schauspielerin einmal. In ihrer 2022 erschienenen Autobiografie „Überwiegend heiter“ erzählte sie von zahlreichen Begegnungen mit berühmten Menschen, darunter Klaus Kinski, Romy Schneider, Anthony und Freddy Quinn.
Was die Heiterkeit betrifft, nannte sie sie gerne auch Beispiele aus ihrer Familie: den sterbenden Anton Tschechow, der sich von seiner Frau ein Glas Champagner gewünscht habe. Oder die kranke Großmutter, die kaum mehr nippen konnte und ein Glas Wein wollte. Kurz bevor sie starb, habe sie noch gesagt: „Das Leben ist schön“. Das fand Vera Tschechowa wunderbar. (Tsp/dpa)