Hoch dotierter Kunstpreis : Ang Lee mit Praemium Imperiale ausgezeichnet
Der Kunstpreis des japanischen Kaiserhauses, der Premium Imperiale, ist nicht dazu gedacht, junge Künstlerinnen und Künstler zu würdigen. Er ist kein Förderpreis, sondern die Auszeichnung für ein Lebenswerk.
Entsprechend bekannt erscheinen die Namen, die am Dienstag im Japanisch-Deutschen Kulturzentrum Berlin vom einstigen Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, als diesjährig Ausgezeichnete bekannt gegeben wurden.
Fünf berühmte Namen
Als da sind: Die französische Konzeptkünstlerin Sophie Calle, die kolumbianische Bildhauerin Doris Salcedo, der japanische Architekt Shigeru Ban, die portugiesische Pianistin Maria Joao Pires, der taiwanesische Filmemacher Ang Lee, dessen Weltkarriere 1993 mit einem Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele für das „Hochzeitsbankett“ begann.
Eine Initiative für junge Menschen
Der Preis für Junge Künstler ging an eine ebenfalls schon länger etablierte Institution: Das Komunitas Salihara Arts Center in Jakarta, das seit den Zeiten der Diktatur in Indonesien ein weithin beachtetes, vollständig privat finanziertes Kulturzentrum betreibt.
Ein Ort der Freiheit, der in Zeiten des wachsenden Einflusses konservativer Islam-Bewegungen besonders wichtig ist. Junge Menschen aus den unterschiedlichsten Milieus treffen sich hier, machen Avantgarde-Theater, Builder, Skulpturen, Grafiken aller Richtungen, traditionelle Künste, Film, Tanz. Welche immense Kraft die Künste für die Selbstbehauptung der Menschen entfalten können – in dem viel zu kurzen Vorstellungsfilm war es zu sehen.
Seit Jahrzehnten lotet Sophie Calle mit ihren Arbeiten die Grenzen zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung aus, löste mit ihren tief psychologischen Arbeiten manchen Skandal aus bei denen, denen sie emotional zu nahe trat.
Doris Salcedo erregte vor einiger Zeit mit einer Arbeit internationales Aufsehen. In dem Film werden beschlagnahmte Waffen von den betroffenen Frauen, die durch diese Waffen und deren Besitzer Gewalt in unermesslichem Maß erfahren haben, zu dünnen Folien und Plastiken umgehämmert. Der Film brach die Eleganz des Dahlemer Veranstaltungsaals mit sanft schwingendem Bambus vor dem Fenster rau auf, der Beifall des Publikums war ebenso betroffen wie enthusiastisch.
Architekt Shigeru Ban
Der japanische Architekt Shigeru Ban ist seit den 1990ern ein Architekten-Star, sein zeltartiges Centre Pompidou im lothringischen Metz setzte Maßstäbe für Kulturzentren. Mehr noch aber waren es die Schnellbau-Entwürfe für die Notunterbringung der Menschen nach Naturkatastrophen oder in Bürgerkriegen, die seinen Ruhm als ästhetisch und avantgardistisch und trotzdem sozial denkenden Architekten begründeten.
Und dann ist da die grandiose, mit dem deutschen Architekten Frei Otto entworfene Riesenhalle aus Papierrollen, die 2000 auf der Weltausstellung in Hannover den japanischen Pavillon überspannte. Die Bilder dieser atemberaubenden Konstruktion erinnerten daran, was in diesem Land möglich ist, wenn nicht blinde Wut auf alles „Grüne“ jede ökologische, energetische, verkehrliche Innovation behindert.
Portugiesische Pianistin Maria João Pires
Maria João Pires wurde in den Filmen des Premium Imperiale gezeigt, als Frau der unbedingten Suche nach dem Eigenen: „Man kann mit Beethoven nicht Mozart spielen“, sagt sie einem jungen Pianisten über die Schulter. Sie kocht in einer Küche, groß genug für die sechs Kinder und die Familie, wandert über Felder, sieht in die Ferne.
Eine Ferne, die auch immer wieder in Ang Lees Filmen als Metapher für die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung dient, im Hochzeitsbankett, Sense and Sensibility, Brokeback Mountain oder Crouching Tiger, Hidden Dragon. Selbstbehauptung, Freiheitssehnsucht und soziale Verantwortung – das bindet diese Preisträger zusammen. Im Oktober werden sie ihre Auszeichnungen in großer Zeremonie in Tokio erhalten.