Hertha BSC verpasst die vorzeitige Rettung
Mit einem Mal entlud sich die Spannung. Lauter Jubel hallte durch das Olympiastadion, die Leute johlten und klatschten. „Ha ho he, Hertha BSC!“, riefen die Fans des Berliner Fußball-Bundesligisten. Die Stimmung war regelrecht ausgelassen. Allerdings hatte Herthas Spiel gegen Mainz 05 zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht angefangen. Eine gute Viertelstunde war es noch bis zum Anpfiff, als die Berliner Spieler – als Geste der Versöhnung nach den Spannungen der vergangenen Wochen – geschlossen in die Kurve marschierten.
„Es war der richtige Zeitpunkt, zu den Fans zu gehen“, sagte Herthas Torhüter Marcel Lotka. „Sie haben uns super unterstützt.“ So schön wie vor dem Spiel sollte es am Samstag allerdings auch nicht mehr werden. Die Berliner verloren ihr Heimspiel gegen die Mainzer mit 1:2 (1:1). Weil die Mannschaft ihren ersten Matchball zum Klassenerhalt ungenutzt ließ, muss sie nun weiter zittern. Vielleicht nur bis zum Sonntagabend, falls der VfB Stuttgart beim FC Bayern München verlieren sollte. Vielleicht auch bis zum letzten Spiel am kommenden Wochenende bei Borussia Dortmund. Ab jetzt, so Herthas Trainer Felix Magath, müsse man sich auf die Relegation vorbereiten. Denn: „Als Profi, für den ich mich halte, bereite ich mich auf den schlechtesten Fall vor.“
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Mehr als 70.000 Zuschauer hatten sich in vorfreudiger Erwartung auf den Klassenerhalt im Olympiastadion eingefunden. „Es wäre schön gewesen, das heute vor den eigenen Fans klar zu machen und einen schönen Abend zu haben“, sagte Herthas Stürmer Davie Selke. „Aber Fußball ist leider nicht immer ein Wunschkonzert.“ Die Berliner gingen tatsächlich recht euphorisch ins Spiel. „Wir waren ein bisschen überrascht von Herthas hohem Pressing“, sagte der Mainzer Trainer Bo Svensson. „Wir kamen gar nicht gut ins Spiel.“
Hertha mangelt es an Kreativität
Doch allem Eifer zum Trotz offenbarten die Berliner im Spiel nach vorne einen dramatischen Mangel an Kreativität. Die beste Chance der ersten Hälfte wurde allein durch gütige Mithilfe des Mainzer Verteidigers Alexander Hack möglich, der zunächst am Ball vorbei trat und dann wegrutschte, so dass Davie Selke freie Bahn zum Tor hatte. Herthas Mittelstürmer aber zog überhastet ab und schoss deutlich am Tor vorbei.
Mitte der ersten Hälfte fanden die Gäste besser ins Spiel, aber auch ihre erste Chance entsprang dem Zufall – mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Ball anschließend im Tor der Berliner lag. Silvan Widmer probierte es aus spitzem Winkel mit einem Flachschuss aufs kurze Eck. Eigentlich keine große Herausforderung für Lotka, aber Herthas Torhüter ließ den Ball unter dem Körper hindurch über die Linie rutschen. „Das war ein Flüchtigkeitsfehler“, sagte Lotka. „Der darf nicht passieren.“
Der Rückstand schlug Hertha heftig aufs Gemüt. Nach vorne ging anschließend kaum was. Nicht nur die Mainzer waren mit ihren Gedanken vermutlich schon in der Pause, als Schiedsrichter Patrick Ittrich sich an den Monitor am Spielfeldrand begab, um sich eine Szene noch einmal anzuschauen. Danach malte er ein Rechteck in die Luft und zeigte auf den Elfmeterpunkt, weil Moussa Niakathé Herthas Kapitän Dedryck Boyata bei einem Eckball in die Hacke getreten hatte. In der fünften Minute der Nachspielzeit verwandelte Davie Selke den Strafstoß zum 1:1.
Der Pfosten steht im Weg
Ein Tor zum passenden Zeitpunkt, aber Hertha litt auch nach der Pause unter der Last der Erwartungen. Richtig befreit wirkte die Mannschaft trotz der Aussicht auf den Klassenerhalt nicht. Die Mainzer hinterließen den reiferen Eindruck und waren keineswegs gewillt, lediglich die Staffage für eine große Party abzugeben.
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Magath reagierte auf die offensive Harmlosigkeit seines Teams und brachte mit Ishak Belfodil und Maximilian Mittelstädt zwei frische Kräfte. Die größte Chance aber hatten die Mainzer, erneut durch Widmer, der diesmal mit einem Kopfball am Fuß des glänzend reagierenden Lotka scheiterte. Kurz darauf war Herthas Torhüter zum zweiten Mal geschlagen, als Stefan Bell nach einer Ecke weitgehend unbehelligt zum 2:1 einköpfte.
Hertha hatte alles in der eigenen Hand, aber es sollte nicht sein. Das zeigte sich zwei Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit, als der gerade eingewechselte Luca Wollschläger mit seiner ersten Ballberührung den Pfosten des Mainzer Tores traf. Und gleich darauf ein weiteres Mal, als Selke den Ball ins Tor köpfte, Schieds- und Linienrichter dem Treffer aber die Anerkennung versagten, weil sie einen Schubser des Berliner Stürmers wahrgenommen hatten. „Wenn das ein Foul ist“, sagte Selke, „dann machen Stürmer gar keine Kopfballtore mehr.“