Hertha BSC verliert auch gegen den SC Freiburg
Ganz unten, direkt hinter dem Graben, hatte sich eine Masse Mensch eingefunden. Fäuste und Arme flogen durch die Luft. Besonders freundlich und einladend sah das nicht aus, und so wahrten die Spieler von Hertha BSC lieber einen gehörigen Sicherheitsabstand zu ihren eigenen Fans in der Ostkurve. Die meisten blieben jenseits der blauen Tartanbahn, als sie sich am späten Samstagnachmittag von ihrem Anhang verabschiedeten.
Dem Debakel von Leipzig hatte der Berliner Fußball-Bundesligist zuvor gleich die nächste Enttäuschung folgen lassen. Zwar sagte Fredi Bobic, Herthas Sportgeschäftsführer: „Ich habe viele positive Dinge gesehen. Das Spiel musst du nicht verlieren.“ Hatte Hertha aber getan. 1:2 (0:1) hieß es am Ende. Für die Berliner war es im siebten Spiel dieser Saison bereits die fünfte Niederlage.
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Die Anhänger sind längst nicht mehr so nachsichtig wie Bobic. Ihre Zündschnur wird kürzer. Schon nach einer halben Stunde gab es aus eher nichtigem Anlass – einem Rückpass auf den eigenen Torwart – die ersten Pfiffe. Der Unmut nimmt zu, aber zu der aufziehenden Trainerdiskussion sagte Bobic: „Es ist nicht so, dass wir in Panik verfallen. Wir werden versuchen, ganz in Ruhe zu arbeiten.“
Und zwar mit Trainer Pal Dardai, der sein Team nach dem 0:6 in Leipzig auf vier Positionen verändert hatte. Dedryck Boyata, Marco Richter, Kevin-Prince Boateng und Stevan Jovetic rückten neu in die Startelf. Bei Deyovaisio Zeefuik hatte es nicht gereicht. Der Rechtsverteidiger stand nicht einmal im Kader.
Zur Pause gab es Pfiffe von den Rängen
Dardai hielt trotzdem am 5-3-2-System fest, bot Richter als Schienenspieler auf der rechten Seite auf. Schon vor der Pause aber stellte er auf ein 4-5-1 um. Zu diesem Zeitpunkt lief bei den Berlinern wenig zusammen. Zeitweise wirkten sie ziemlich orientierungslos. Kombiniert mit vielen Unsauberkeiten im eigenen Spiel und einer durch und durch harmlosen Offensive kam eine Mischung heraus, die das Publikum alles andere als verzückte. Zur Pause gab es heftige Pfiffe von den Rängen.
„Du kannst keinen Hurrafußball anbieten“, sagte Dardai über die eher vorsichtige Herangehensweise. Bezeichnend für Herthas Bedrohungspotenzial war die Chance, die sich kurz vor dem Halbzeitpfiff eher zufällig ergab. Beim Versuch, im eigenen Strafraum zu klären, schoss der Freiburger Manuel Gulde Davie Selke an, von dessen Körper sprang der Ball unkontrolliert ins Toraus. An Kontrolle mangelte es Hertha generell. „Wir sehen sehr verunsichert aus“, sagte Herthas Sportdirektor Arne Friedrich in der Pause bei Sky. „Wir haben viel zu wenig vom Spiel.“
Auf gerade mal 36 Prozent Ballbesitz kamen die Berliner als Heimmannschaft in der ersten Hälfte. Herausgespielte Chancen? Tja. Einmal, gleich zu Beginn, wurde es gefährlich, nachdem Suat Serdar, Herthas mit Abstand Bester, im Mittelfeld den Ball abgefangen hatte. Doch Jovetic versprang der Ball bei der Annahme im Freiburger Strafraum, so dass Gulde klären konnte. Die anderen Gelegenheiten Herthas resultierten aus Freistößen oder Distanzschüssen.
Hertha träumte kurz sogar vom Sieg
Zu Herthas Glück begnügten sich die Freiburger vor allem damit, die Kontrolle über das Geschehen zu wahren, erst recht nach ihrem Führungstreffer. Freiburgs Verteidiger Philipp Lienhart setzte sich nach einer Ecke von Christian Günter im Kopfballduell am ersten Pfosten gegen Davie Selke durch und traf zum 1:0 für die Gäste.
Dardai wechselte in der Pause gleich zweimal, brachte Krzysztof Piatek und Peter Pekarik für Selke und Marton Dardai, der sich einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zugezogen hat. Aber besser wurde es zunächst nicht. Lucas Tousart musste gleich nach Wiederbeginn in höchster Not vor Wooyeong Jeong retten. Dardai wartete nicht einmal eine Viertelstunde bis zum nächsten Doppelwechsel, brachte Jurgen Ekkelenkamp und Dennis Jastrzembski für Boateng und Richter, kurz darauf auch noch Maximilian Mittelstädt für Jovetic.
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Tatsächlich waren es die Neuen, die dem Spiel eine unerwartete Wendung gaben. 20 Minuten vor dem Ende brachten die Berliner tatsächlich einen ordentlichen Angriff zustande. Eingeleitet wurde er von Serdar, der sich im Mittelfeld energisch behauptete. Nach seiner Verlagerung auf die linke Seite bediente Mittelstädt den eingewechselten Piatek in der Mitte. Der Pole hatte keine Mühe, sein erstes Tor nach langer Verletzungspause zu erzielen. Das letzte davor war ihm, im Mai, ebenfalls gegen den SC Freiburg gelungen. „Er ist ein Hoffnungsträger für die Zukunft“, sagte Trainer Pal Dardai.
Dank Piateks Treffer waren die zuvor so harmlosen Berliner plötzlich im Spiel. Ekkelenkamp traf kurz nach dem 1:1 die Latte. Und die bis dahin arg zurückhaltenden Hertha-Fans unter den 18.376 Zuschauern im Olympiastadion trieben ihre Mannschaft nun an. „Ich hatte das Gefühl, dass wir dran sind“, sagte Mittelstädt, „dass wir das Spiel sogar gewinnen können.“
Die Hoffnung aber trog. Nicht mal zehn Minuten nach dem Ausgleich lag Hertha bereits wieder zurück. Erneut resultierte das Tor der Freiburger aus einem Eckball von Günter, diesmal von der anderen Seite. Nachdem Hertha nicht entschlossen genug hatte klären können, vollendete der erst zwei Minuten zuvor eingewechselte Nils Petersen mit einem Fallrückzieher zum 2:1 für die Gäste. „Wenn du einen Negativlauf hast, verlierst du solche Spiele“, sagte Fredi Bobic.