„Gendern ist nicht mein Ding“: Rudi Völlers Aussagen grenzen an Satire

Rudi Völler und seine Kollegen beim DFB haben in den vergangenen Wochen einen Vorsatz mantraartig wiederholt: Es soll rund um die Männer-Nationalmannschaft wieder mehr um Fußball gehen. Schluss mit den Diskussionen um Regenbogenfarben und Menschenrechte. Symbolisiert wurde das alles mit der Rückkehr der schwarz-rot-goldenen Kapitänsbinde im Spiel gegen Peru.

Doch es gibt schließlich nur ein Rudi Völler und der lässt sich nicht den Mund verbieten, nicht mal von Rudi Völler. In einem der ersten Interviews seit seiner Rückkehr zum DFB warf der Sportdirektor alle guten Vorsätze über Bord und schweifte ganz weit ab vom Sportlichen.

Der „Frankfurter Rundschau“ erklärte er etwa ungefragt, dass er nicht gendern werde. „Das ist nicht mein Ding“, sagte Völler. Er komme schließlich aus Hanau, der Stadt von Wilhelm und Jacob Grimm, und „mache nicht jeden Trend mit“.

Julian Graeber wundert sich, dass der DFB ein solches Interview voller Widersprüche offenbar freigegeben hat.

Auch auf Klimaaktivisten, die sich auf die Straße kleben, kam Völler von sich aus zu sprechen. In Deutschland erlebten diese eine „bemerkenswerte Nachsicht vonseiten vieler Betroffener“. Er sei „gefühlt halber Römer und rate den Aktivisten: Macht das nicht im Süden von Europa“.

Für jemanden, der beim DFB erst vor Kurzem angetreten ist, um den Fokus auf das Wesentliche zurückzubringen, ist es ein bemerkenswert gesellschaftspolitisches Gespräch, das man in seiner geballten Antiquiertheit am liebsten als Satire abstempeln würde. Doch anders als Völlers legendärer Auftritt mit Weißbier-Waldi taugt das aktuelle Interview nicht als ungewollte Comedy.

Völler, 62, ist nicht als großer Stratege und Erneuerer zum DFB zurückgekehrt, sondern als Liebling des Volkes, als Gegenpol zu seinem unbeliebten Vorgänger Oliver Bierhoff. Der Weltmeister von 1990 sollte helfen, Fans und Nationalmannschaft wieder näher zusammenzuführen und die Stimmung zu verbessern.

Bei einem – vornehmlich älteren, männlichen und weißen – Teil der Zuschauer kommen schwarz-rot-goldene Kapitänsbinden und Genderkritik sicherlich gut an, doch der Graben zum jüngeren Publikum wird durch solche Aussagen immer größer. Wahrscheinlich hätte Rudi Völler einfach auf Rudi Völler hören sollen: Zumindest hätte er sich beim Thema Fußball sicher nicht so um Kopf und Kragen geredet.

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