Gender-Verbot: Hessischer Rundfunk kritisiert CDU und SPD
Der Hessische Rundfunk (HR) kritisiert das von der künftigen schwarz-roten Landesregierung geplante Verbot des Genderns. „Aus Sicht des HR verletzt eine solche Regelung, die eine bestimmte Form der Sprache vorschreiben will, die Rundfunkfreiheit“, sagte ein Sprecher des Senders auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) am Dienstag in Frankfurt am Main.
Koalitionsvertrag von CDU und SPD
Laut dem am Montag unterzeichneten Koalitionsvertrag wollen CDU und SPD festschreiben, dass „in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird“. Es solle eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgen.
Der HR-Rundfunkratsvorsitzende Harald Freiling sagte, er sei über die Passage im Koalitionsvertrag verwundert. Im Rundfunkrat gebe es zum Gendern mit Sonderzeichen in schriftlicher und gesprochener Kommunikation „ganz unterschiedliche Auffassungen“, die wiederholt mit den Programmverantwortlichen diskutiert worden seien. Es sei „jedoch keineswegs Sache der Politik, hier etwas festzulegen. Staatsferne und Rundfunkfreiheit sind auch hier ein hohes Gut“, sagte Freiling.
Ihr Vorgehen gegen das Gendern mit Sonderzeichen hatten CDU und SPD bereits im November in einem gemeinsamen Eckpunkte-Papier zum Thema gemacht. Schon zu diesem Zeitpunkt sagte der hessische Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), dass das Verbot des Genderns im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegen das Grundgesetz verstoßen und einen eklatanten „Bruch mit der Pressefreiheit in Deutschland“ darstellen würde. „Man mag zum Gendern stehen, wie man will, aber ein politisches Verbot in der Berichterstattung des Hessischen Rundfunks geht gar nicht“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes, Knud Zilian. Es obliege dem HR, seine Programme zu gestalten.
Wie die beiden Parteien ihr Vorhaben umsetzen wollen, ist noch unklar. Christoph Gehring, Pressesprecher der SPD Hessen, sagte: „Zum Umgang mit den Gender-Sonderzeichen wird die neue Landesregierung einen rechtssicheren Vorschlag machen, wenn sie ab 18. Januar im Amt ist.“ Katja Gehrmann, Pressesprecherin der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, verwies ebenfalls darauf, dass Details zur Umsetzung in der neuen Legislaturperiode folgen würden.
Rechtschreibgremium rät vom Gendern ab
Tatsächlich ist Hessen nicht allein auf weiter Flur. Auch Bayern will das Gendern in Schulen und Verwaltung untersagen. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich unterdessen erneut dagegen ausgesprochen, den Genderstern als reguläres Sprachzeichen in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen. Das Expertengremium verabschiedete mehrheitlich ein Papier zur geschlechtergerechten Schreibung. Darin heißt es: „Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, die Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten.“
Wie das für die deutsche Rechtschreibung maßgebliche Gremium am Wochenende mitteilte, bestätigte es damit seine Erklärungen aus den Jahren 2021 und 2018. Damals hatte der Rat von der Verwendung von Sonderzeichen wie Genderstern, Unterstrich und Doppelpunkt zur Kennzeichnung aller Geschlechter abgeraten.
Mit Blick auf die Verwendung solcher Zeichen an Universitäten und Schulen mahnt der Rechtschreibrat jetzt: „Hochschulen und Lehrende haben zu beachten, dass sie für die Bildung und Ausbildung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen Verantwortung tragen, in denen Schülerinnen und Schülern die Rechtschreibung nach dem Amtlichen Regelwerk zu vermitteln ist.“ Ob Genderzeichen in Klassenarbeiten als Fehler zu bewerten seien, müsse allerdings die Schulpolitik entscheiden, nicht der Rechtschreibrat. (mit epd/KNA)