Erstmals nach 170 Jahren: Gemäldegalerie zeigt einzigartiges Marinebild
Leicht nach rechts neigt sich die Fregatte in mäßig bewegter See, obwohl die Segel noch nicht vollen Wind aufgenommen haben. Die „Herzogtum Kleve“ hat der Große Kurfürst zusammen mit der „Grafschaft Mark“ in den Jahren 1661/63 in Amsterdam bauen lassen. Diese Fregatten waren der ganze Stolz des Großen Kurfürsten, mit denen er am internationalen Seehandel teilnehmen wollte.
Daher gab er 1665 bei dem heute völlig unbekannten Hoorner Amateurmaler Olfert de Vrij (1635-1699) das Seestück „Dreimaster auf leicht bewegter See“ in Auftrag, das nun nach 170 Jahren erstmals wieder in der Ausstellung „Vision Seemacht. Ein Marinestück für den Großen Kurfürsten“ in einem Raum der Gemäldegalerie zu sehen ist. Es steht im Mittelpunkt einer kleinen Ausstellung zur Entwicklung der niederländischen Marinemalerei. Auch das große idealisierte Repräsentationsbild „Kurbrandenburgische Flotte“ (1684) von Lieven Verschuier ist zu sehen.
„Das Stück ist ein Juwel“, schwärmt Kuratorin Katja Kleinert von dem großformatigen Bild von de Vries, denn er malte dieses Bild als sogenannte „Penschilderij“ („Federstück“). Dabei wurde eine Federzeichnung simuliert, indem der Maler sein Bild mit Tusche in unterschiedlichster Verdünnung und einem feinen Pinsel auf ein Holzpaneel malte, wodurch es aus der Ferne wie ein Kupferstich wirkt.
Das Stück ist ein Juwel.
Katja Kleinert, Kuratorin Gemäldegalerie Berlin
Olfert de Vrij war ein großer Bewunderer Willem van de Veldes, des großen Marinemalers, der dieses Genre und die Penschilderij erfunden hatte. Von ihm sind zwei kleinere Bilder zu sehen. De Vrij war Jurist, städtischer Beamter und Quartiermeister im Hafenstädtchen Hoorn, dem bedeutenden Stützpunkt der Vereinigten Ostindischen Compagnie (VOC), die damals den Welthandel dominierte.
Obwohl er als Maler Autodidakt war, beherrschte Olfert de Vrij die Technik der Penschilderij perfekt. Jeder Strich musste sitzen, denn Tusche trocknet schnell, Fehler sind nicht zu korrigieren. Ein kleines, für ihn typischeres Bild zeigt ebenfalls einen Dreimaster und Binnenschiffe auf bewegter See, doch bei dem großen Gemälde hat er sich selbst übertroffen, was Dynamik und Tiefe angeht. Daher wird dieses Bild später einen Platz in der Dauerausstellung finden.
Das Gemälde wurde 1851 zuletzt ausgestellt und geriet dann in Vergessenheit. Der vorletzte Direktor der Gemäldegalerie, Bernd Wolfgang Lindemann, gab vor 15 Jahren die Anregung, dieses seltene Stück zu restaurieren. Keine leichte Aufgabe für Chefrestauratorin Babette Hartwieg und ihr Team. Die kleine Schau streift am Beispiel eines brandenburgischen Golddukaten aus dem heutigen Ghana auch das kurze Kolonialabenteuer des Großen Kurfürsten in Westafrika.
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