Erster Härtetest bei der WM: Kolumbien wird Deutschland fordern
Die Personallage schien sich gerade wieder entspannt zu haben bei den deutschen Fußballerinnen. Marina Hegering und Lena Oberdorf kehrten zurück ins Mannschaftstraining und konnten wieder die Einheiten komplett absolvieren. Pünktlich zum zweiten Gruppenspiel bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland gegen Kolumbien, das am Sonntag in Sydney ansteht (11.30 Uhr MESZ/ARD), schwanden die Sorgen hinsichtlich der Defensive des DFB-Teams.
Doch dann kam am Freitag der erneute Schock. Felicitas Rauch, die etatmäßige Linksverteidigerin Deutschlands, verletzte sich im Vormittagstraining in Wyong. Schnell wurden Erinnerungen an die Kreuzbandverletzungen von Giulia Gwinn und Carolin Simon wach.
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Doch Rauch hatte Glück im Unglück, was zunächst für Erleichterung sorgte. Die 27-Jährige erlitt eine Verstauchung des rechten Kniegelenks und soll nach Angaben des DFB „auf unbestimmte Zeit“ ausfallen. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wollte keine genaue Ausfallzeit nennen.
Klar ist jedoch, dass sie gegen Kolumbien fehlen wird und Voss-Tecklenburg eine Lösung finden muss. „Das ist die dritte Außenverteidigerin, die uns aufgrund einer Verletzung wegbricht“, sagte Voss-Tecklenburg, betonte aber, dass dies die Mannschaft eher zusammenschweiße: „Diese Herausforderung werden wir als gesamtes Team annehmen, daraus ziehen wir auch Energie. Wir helfen uns jetzt erst recht und wir haben vollstes Vertrauen in jede einzelne Spielerin.“
Zwei Optionen auf der linken Abwehrseite
Voss-Tecklenburg hat nun zwei Optionen. Da wäre Chantal Hagel, die sie bereits im ersten Gruppenspiel gegen Marokko für Rauch einwechselte und die in der Vorbereitung gegen Vietnam schon mal von Beginn an auf der linken Seite verteidigen durfte. Hagel ist allerdings gelernte Mittelfeldspielerin und daher eine offensive Variante, ähnlich wie die auf der anderen Seite Svenja Huth.
Die deutlich defensivere Variante ist Sophia Kleinherne. Kleinherne spielt in ihrem Verein meist auf der rechten Seite in der Abwehrkette, teilweise auch innen. Auf der linken Seite wurde sie von Voss-Tecklenburg in der Nationalmannschaft länger nicht eingesetzt. Das letzte Mal spielte sie bei der Europameisterschaft im dritten Gruppenspiel gegen Finnland. Dort erzielte Kleinherne sogar das 1:0 beim späteren 3:0-Sieg.
Es wird also darauf ankommen, wie Deutschland gegen Kolumbien auftreten möchte. Wahrscheinlich ist, dass die Elf als Favorit selbstbewusst agiert und das Spiel bestimmen will.
Sollten Oberdorf und Hegering aufgeboten werden und für die nötige Absicherung sorgen, könnte sich das deutsche Team auch erlauben, die Außenverteidigerinnen offensiv auszurichten. Dann wären die Einsätze von Huth und Hagel auf diesen Positionen denkbar.
Wer Deutschland dabei aber einen Strich durch die Rechnung machen könnte, ist Linda Caicedo. Das 18-jährige Talent von Kolumbien traf beim 2:0-Sieg über Südkorea bereits einmal bei dieser WM und dürfte über rechtsaußen angreifen. Caicedo erlitt bei einem Training unter der Woche zwar einen Zusammenbruch, scheint aber fit zu sein für das Duell mit Deutschland.
Wir wissen, wie wir gegen solche Gegner spielen wollen. Es gilt, den Ball schnell laufen zu lassen und physisch clever zu sein und dagegen zu halten.
Sara Däbritz, deutsche Nationalspielerin
Neben ihr bringt auch das restliche Team viel Geschwindigkeit und vor allem Aggressivität mit. „Es handelt sich um eine physisch starke Mannschaft, die gut in die Duelle gehen wird“, sagt Mittelfeldspielerin Sara Däbritz. „Wir wissen, wie wir gegen solche Gegner spielen wollen. Es gilt, den Ball schnell laufen zu lassen und physisch clever zu sein und dagegenzuhalten.“
Dagegenzuhalten war der Tenor im gesamten Team in den vergangenen Tagen. Sich von Kolumbien nicht den Schneid abkaufen zu lassen, ist die Devise. Wer dabei natürlich hilft, ist Lena Oberdorf auf der Position der Sechserin. Voss-Tecklenburg wird die 21-Jährige allerdings nur bringen, wenn sie komplett genesen ist von ihrer Muskelverletzung. Deutschland möchte bei diesem Turnier weit kommen und dafür braucht es Oberdorf.
Geduldsspiel oder offenes Visier
Zunächst dürfte es gegen Kolumbien um den Gruppensieg gehen und den strebt Deutschland naturgemäß an. Doch auch Kolumbien erhebt Ansprüche und konnte beim Auftaktsieg bereits zeigen, dass es in der Lage ist, guten Fußball zu spielen.
Gegen Südkorea spielte das Team von Trainer Nelson Abbadia mit einer Viererkette in der Abwehr, was gegen Deutschland auf eine Fünferkette umgestellt werden könnte. Zumindest trainierte Kolumbien diese Variante bereits in der Vorbereitung auf die WM. Dann erfordert es Geduld von der deutschen Offensive.
Zudem ist das deutsche Team vor dem hohen Pressing und dem guten Konterspiel Kolumbiens gewarnt. Es dürfte der erste kleine Härtetest für die Mannschaft von Voss-Tecklenburg bei dieser WM werden, den es gilt zu bestehen und die gute Leistung gegen Marokko so zu bestätigen.