Erster aktiver NFL-Profi macht Homosexualität öffentlich
NFL-Profi Carl Nassib steht im Garten seines Hauses in West Chester im US-Bundesstaat Pennsylvania und lächelt nach diesem einfachen und doch so schweren Satz. „Was geht Leute, ich wollte nur einen kurzen Moment nutzen und sagen, dass ich schwul bin. Ich wollte das schon seit einiger Zeit tun und fühle mich endlich wohl damit, es loszuwerden“, sagt der 28-Jährige von den Las Vegas Raiders.
Traurigerweise habe ihn dieser Moment 15 Jahre lang gequält, ergänzte er in einem begleitenden Text. Es gehe ihm nicht um Aufmerksamkeit. „Ich denke einfach, dass Vertretung und Sichtbarkeit so wichtig sind“, begründet er den Schritt. Aufmerksamkeit aber wird Nassib nun erst mal in rauen Mengen bekommen: Als erster aktiver Profi der NFL, der seine Homosexualität öffentlich gemacht hat. ESPN, „Washington Post“, „Los Angeles Times“: Von überall gibt es eine Push-Nachricht.
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Die Zahl der Footballer, die ihr Coming-out nach dem Ende ihrer Karriere hatten, ist nach Angaben von US-Medien zweistellig. Michael Sam wurde 2014 als öffentlich schwuler Spieler im Draft von den damals in St. Louis beheimateten Rams ausgewählt, schaffte es aber nicht in den Kader und beendete seine Karriere schon 2015, ohne einmal in der NFL auf dem Feld zu stehen. Nassib aber geht in seine sechste Saison. Nach je zwei Jahren bei den Cleveland Browns und den Tampa Bay Buccaneers sowie der vergangenen Spielzeit bei den Raiders ist er in der beliebtesten US-Profiliga etabliert und anerkannt.
Wie schwer ihm die Entscheidung gefallen ist, deutet der 2,01 Meter große 124-Kilo-Mann an, als er auf die große Hilfe von Freunden und Familie verweist, durch die er es zuletzt als möglich empfunden habe, „öffentlich und stolz zu sagen, dass ich schwul bin.“ Doch Nassib lächelt eben auch viel in dem Video, berichtet davon, dass „er wirklich das beste Leben“ habe. „Ich habe die beste Familie, die besten Freunde und den besten Job, um den ein Kerl bitten kann.“ Und er kündigt eine Spende in Höhe von 100.000 US-Dollar an das Trevor-Project an. Die Organisation betreibt eine Telefonseelsorge für junge LGBTQ-Menschen, denen er mit dem Schritt ein Signal geben will.
Nassib berichtet, von der NFL, seinen Trainern und Mitspielern habe er Unterstützung bekommen. Er sei sofort mit „dem größten Respekt und mit Akzeptanz“ begrüßt worden. Das zeigte sich auch in den öffentlichen Reaktionen auf seinen Post. Tennis-Legende Billie Jean King gratulierte ebenso wie New-York-Giants-Runningback Saquon Barkley – und NFL-Boss Roger Goodell.
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„Die NFL-Familie ist stolz auf Carl, dass er heute seine Wahrheit so couragiert geteilt hat“, heißt es in einer Stellungnahme Goodells. „Vertretung ist wichtig. Wir teilen seine Hoffnung, dass Statements wie seines eines baldigen Tages keinen Nachrichtenwert mehr haben, weil wir zu vollständiger Gleichberechtigung für die LGBTQ+-Gemeinschaft marschieren.“ Die englische Abkürzung LGBTQ+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und queere Menschen, das Pluszeichen ist Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter.
Die neue Saison beginnt im September, die Raiders spielen zum Start zu Hause gegen die Seattle Seahawks. Nassib will sich gerne nur darauf konzentrieren, ein möglichst guter Football-Spieler zu sein und entschuldigte sich schon mal vorsorglich für alle zukünftig abgelehnten Interviewanfragen. Seine Botschaft ist ohnehin angekommen. (dpa)