Der VfL Wolfsburg ist ein unangenehmer Gegner: Hertha BSC und der Kampf gegen die Sorglosigkeit
Laut Wettervorhersage werden für Dienstagabend Temperaturen um den Gefrierpunkt erwartet. Gefühlt dürfte es im gewöhnlich zugigen Olympiastadion eher noch ein bisschen kälter werden. Dazu rechnet Hertha BSC zum Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg mit maximal 30.000 Zuschauern – so wenigen wie nie zuvor, seitdem die Coronabeschränkungen aufgehoben worden sind.
Es ist, könnte man meinen, der passende Rahmen zur Stimmung bei Hertha BSC, die sich seit dem Wochenende merklich eingetrübt hat. Bonsoir, Tristesse.
„Ich kenne nach anderthalb Jahren ja ein bisschen das Berliner Umfeld“, sagt Fredi Bobic, Herthas Sportgeschäftsführer. „Man weiß, dass man sich unheimlich schnell eingraben möchte. Daher wird es wichtig sein, Positivität auszustrahlen, auch in schwierigen Situationen.“
Gar nicht so einfach, nachdem sich die Dinge für die Berliner in der Fußball-Bundesliga am Wochenende eindeutig in die falsche Richtung entwickelt haben. Durch die Niederlage beim Tabellenvorletzten VfL Bochum ist Hertha nun selbst auf Platz 17 zurückgefallen. „Wir wissen alle, dass ein guter Start hilfreich gewesen wäre“, sagt Sandro Schwarz, der Trainer der Berliner. Vor allem mit Blick auf die nächsten Aufgaben seines Teams.
Die fünf Gegner in den kommenden dreieinhalb Wochen haben es in sich. Nur ins Heimspiel gegen die notorisch auswärtsschwachen Gladbacher startet Hertha nicht als krasser Außenseiter. Die übrigen vier Teams – Wolfsburg, Union, Frankfurt, Dortmund – belegen aktuell alle einen Europapokalplatz.
Der Druck auf Hertha könnte also noch einmal erheblich zunehmen. „Druck herrscht in jedem Bundesligaspiel“, sagt Schwarz. Trotzdem sei es im Abstiegskampf wichtig, die Ruhe zu bewahren und Zuversicht auszustrahlen.
9
Spiele ist Wolfsburg ungeschlagen
Gemeinsam mit Fredi Bobic hat sich Herthas Trainer am Tag vor dem Spiel gegen Wolfsburg vehement dem Eindruck entgegengestemmt, dass Hertha die Gefahr verkenne. „Wir kämpfen um den Klassenerhalt. Das wissen wir seit Wochen und Monaten. Das haben wir auch nie in Abrede gestellt“, sagt Bobic. „Wir sind klar in der Birne. Es muss sich keiner Sorgen machen, dass wir strahlend dem Abstieg entgegen gehen.“
Schwarz hat seine Spieler nach der Niederlage in Bochum ausreichend selbstkritisch erlebt. Noch in der Kabine im Ruhrstadion, wenige Minuten nach dem Abpfiff, begann er die Analyse und Aufarbeitung einer weitgehend unzureichenden Leistung.
Es muss sich keiner Sorgen machen, dass wir strahlend dem Abstieg entgegen gehen.
Fredi Bobic, Geschäftsführer Sport
Die Mannschaft hat gegen den VfL vieles vermissen lassen, was sie in ihren besten Momenten zu einem unangenehmen Gegner machen kann: Intensität und Aggressivität. Dazu fehlten laut Schwarz bei eigenem Ballbesitz die klare Positionierung und eine passende Raumaufteilung.
Sportchef Bobic erwartet von den Spielern, dass sie gegen Wolfsburg „noch einen Meter mehr machen, noch härter, noch zielstrebiger in die Zweikämpfe gehen“. Das wird auch nötig sein.
Der VfL ist die aktuell formstärkste Mannschaft der Bundesliga. Seit Mitte September haben die Wolfsburger nicht mehr verloren, das berauschende 6:0 gegen den bisherigen Tabellenzweiten Freiburg am Wochenende war bereits der fünfte Sieg nacheinander. Trainer Schwarz erwartet daher „eine Mannschaft, die sehr selbstbewusst auftreten wird und sehr gut organisiert ist“.
Stevan Jovetic fällt erneut aus
Die Berliner werden dieser Herausforderung anders begegnen müssen, als sie es gegen Bochum getan haben. Immerhin kehrt Dodi Lukebakio, Herthas bester Offensivspieler, nach verbüßter Gelbsperre zurück. Davon abgesehen werden die personellen Veränderungen wohl überschaubar ausfallen.
Zwei bis drei Positionen sind noch offen: Marvin Plattenhardt könnte als Linksverteidiger ins Team zurückkehren. Auch Suat Serdar, nach seiner Einwechslung Torschütze des Ehrentreffers in Bochum, hat gute Chancen auf einen Platz in der Startelf, zumal Jean-Paul Boetius wie schon im Testspiel gegen Millonarios FC einen recht fahrigen Eindruck hinterließ. Möglich wäre auch, Lukebakio als zweite Spitze aufzubieten und nicht rechts auf dem Flügel.
Die Alternativen für Schwarz sind weiterhin begrenzt. Neuzugang Florian Niederlechner trainiert zwar wieder individuell, ist aber noch keine Option für Wolfsburg; möglicherweise jedoch fürs Derby am Samstag. Und auch Stevan Jovetic, der in der Vorbereitung einen vielversprechenden Eindruck hinterlassen hat, steht erst einmal nicht zur Verfügung. Er fällt wegen muskulärer Probleme zwei bis drei Wochen aus. Wieder einmal.
Weitere Verstärkungen noch im Winter hat Fredi Bobic trotzdem ausgeschlossen. Transfers seien finanziell nicht möglich, sagt er. „Das ist Fakt.“ Und überhaupt: „Wir glauben an die Truppe, die wir haben.“
Zur Startseite