Der Rheinland-Spirit
Was für eine wilde, anarchische Fahrt. Fast glaubt man, das Quartett reise einmal um die Welt – im Cabrio, meistens rauchend, mit Sounds und Alkohol im Gepäck. Tatsächlich geht es 1975 bloß vom Rheinland nach Kiel, wo Sigmar Polke und Achim Duchow ihre Bilder ausstellen. Begleitet werden sie von den Freunden Memphis Schulze und Christof Kohlhöfer. In Kiel endet das Spektakel dann etwas abrupt, weil einer oder mehrere von ihnen in eine Schlägerei verwickelt sind, die die Polizei beendet.
Die Fotos des Trips kann man sich in der Galerie Setareh anschauen. Sie sind eine Rarität und vermitteln nicht nur, wie das war, bevor Polke ein Weltstar und Duchow immer mehr aus dem gemeinsamen Werk herausgeschrieben wurde. Auch die Ausstellung, mit der die Galerie ihre neuen Räume in Berlin einweiht, thematisiert diese Geschichte anhand früher Werke, in denen jeder seine Spuren hinterlassen hat.
[Galerie Setareh, Schöneberger Ufer 71; bis 26. Juni, mit Zeitfenster zu besuchen: www.setareh-gallery.com]
„Rebel Revolution Rhineland“ zeigt darüber hinaus, welche Wurzeln Setareh haben, die von Düsseldorf an die Spree expandieren: Kohlhöfer wie Duchow sind im Programm, um ihnen die längst verdiente Aufmerksamkeit zu geben. Dazu gesellen sich mit Gregor Gleiwitz, Wolfgang Betke und Maki Na Kamura drei Künstler, die in Berlin leben. Der zweite Standort ist damit nur logisch – und außerdem sensationell gewählt. Die Brüder Samandar und Elham Setareh – eigentlich Mediziner und über ihre Passion für textile Kunstwerke zur ersten Galerie an der Düsseldorfer Kö gekommen, der 2016 eine zweite für zeitgenössische Kunst folgte – haben die ehemaligen Ausstellungsräume von Aurel Scheibler übernommen. Der Ort am Schöneberger Ufer schrieb allerdings schon vorher Geschichte: Die klassisch proportionierten Räume wurden 1911 für den Verein Berliner Künstlerinnen entworfen. Später waren hier die Galerien Möller und Nierendorf ansässig.