Der 1. FC Union kritisiert die Uefa

Er wäre gerne bei Werder Bremen geblieben, sagte Kevin Möhwald am Dienstag, doch am Ende musste er die Chance greifen. „Ich habe gesagt, dass ich nur ins Grübeln komme, wenn etwas Perfektes kommt,” so der Mittelfeldspieler, der letzte Woche von der Weser zum 1. FC Union wechselte.

Nach Bremens Abstieg in die Zweite Liga sei Union für ihn „die perfekte Option, mit 28 Jahren noch einmal in der Bundesliga und der Europa Conference League zu spielen“. Denn Erstliga-Fußball und Europa erlebt man heutzutage nicht beim einst großen SV Werder, sondern in Köpenick. Die Zeiten ändern sich eben.

Statt in Bremen an der Wiederbelebung eines gefallenen Riesens mitzuwirken, darf Möhwald schon am Samstag mit Union wieder ins Bundesliga-Geschäft einsteigen. Den ersten Europapokal-Einsatz seiner Karriere könnte er dann am folgenden Donnerstag bei Slavia Prag feiern. „Davon träumte man, wenn man früher Fußballprofi werden wollte“, sagte der Neuzugang. Mit seinem breiten Grinsen sah er so aus, als freue er sich mindestens genau so sehr darauf wie die Union-Fans.

Dabei stellt der neue Wettbewerb sowohl für die Spieler als auch für die Fans des Klubs eine Herausforderung dar. Erst am Montag verkündete die Uefa, dass Auswärtsfans in der Gruppenphase wieder erlaubt sein werden. Und während viele Union-Fans den nächsten Meilenstein im Höhenflug ihres Vereins nicht verpassen wollen, muss sich noch zeigen, wie viele tatsächlich nach Tschechien fahren.

Zu kurze Vorbereitungszeit auf das nächste Bundesliga-Spiel

Anders als vor dem Play-Off-Spiel gegen Kuopio gibt es aktuell keine Tickets im freien Verkauf. Nur Dauerkarteninhaber kommen über die Webseite von Slavia an Karten, und über das genaue Kontingent für Gästefans gab es am Dienstag noch keine Informationen. Schon letzte Woche verkündete der Fanklub „Eiserner Virus“, dass er unter den Umständen keine Reise nach Prag organisieren könne.

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Am Montag richtete auch der Verein scharfe Kritik an die Uefa. Die späte Entscheidung des europäischen Verbands zeuge „von mangelndem Respekt für die Belange von Fußballfans“, sagte Präsident Dirk Zingler.

Auch bei den Profis bereitet die Conference League bei aller Vorfreude leichte Kopfschmerzen. Schon nach dem Play-Off-Spiel in Helsinki vor einigen Wochen bemängelte Trainer Urs Fischer die zu kurze Vorbereitungszeit auf das nächste Bundesliga-Spiel. In der Gruppenphase wird man sich daran gewöhnen müssen, nach einem Auswärtsspiel am Donnerstagabend direkt am Sonntag wieder im Einsatz zu sein.

„Das Schwierige ist die Reiserei“

Umso besser ist es, dass Union in den letzten Wochen der Transferperiode noch zwei Verstärkungen in den Kader holen konnte. Neben Möhwald kam letzte Woche auch Bastian Oczipka, der die Dreifachbelastung von seinen früheren Stationen bestens kennt. „Die Spiele kriegt man gut kompensiert, dafür sind wir fit genug“, sagte der 32-Jährige, der mit Frankfurt, Leverkusen und Schalke schon Erfahrungen in der Europa League und der Champions League gemacht hat. „Das Schwierige ist die Reiserei. Das ist das, was dem einen oder anderen vielleicht ein bisschen länger in den Knochen liegt.“

Oczipka selbst muss das nicht befürchten. Schließlich gehört er nicht zu dem 23-köpfigen Kader, den Union am Dienstag für die Gruppenphase bekannt gab. Vielleicht wäre er als dritter Linksverteidiger neben Niko Gießelmann und Tymoteusz Puchacz etwas zu viel des Guten gewesen, zumal Gießelmann aktuell in Topform ist und Puchacz in den Play-Off-Spielen überzeugt hat. Wie Anthony Ujah, Keita Endo oder Rick Van Drongelen wird er erst einmal nur in der Liga und im Pokal auflaufen dürfen.

Dabei wird es anders als bei Möhwald auch in der Bundesliga etwas dauern, bevor Oczipka sein Union-Debüt feiern darf. Nach seinem Abschied von Schalke hat er über den Sommer nur alleine trainiert, und schätzt sich noch nicht als spielbereit ein. „Ich werde schon noch ein paar Trainingseinheiten brauchen, um dann auch diese Spielfitness zu bekommen. Jetzt gegen Augsburg würde es noch keinen Sinn machen, eine Verletzung zu riskieren“, sagte er am Montag. „Die Saison ist noch lang, gerade bei so vielen Spielen. Und dafür haben wir einen so großen Kader.“