Deepfakes made in Hollywood: Jerry Seinfield im Mexican Standoff
Am Wochenende sorgte in den Sozialen Medien ein Foto für Aufsehen, das im ersten Moment den Coolness-Faktor der Katholischen Kirche um ein Vielfaches steigerte – sich bei genauerem Hinsehen aber (natürlich) als Fake herausstellte. Es zeigt Papst Franziskus in weißer Daunenjacke, ein Mash-up aus Fotos vom Pontifex und der britischen Boygroup East 17. Eine gute Neunziger-Referenz allemal, mit der sich das Kirchenoberhaupt modisch und popkulturell auf der Höhe der Zeit präsentiert hätte. Das Meme war mit dem KI-Programm Midjourney erstellt worden, das auf Textbefehl im Netz fündig wird.
Carrie Fisher Peter Cushing in „Star Wars“ wiedervereint
Im Kino sind solche „Deepfakes“ schon lange Normalität, sie heißen computer-generated images (CGI). Vor 20 Jahren galt die Vorstellung, dass man irgendwann mit Hilfe digitaler Effekte „neue“ Filme mit Humphrey Bogart und Marilyn Monroe produzieren könnte, unter Cinephilen noch als Sakrileg. Aber spätestens seit „Rogue One: A Star Wars Story“ 2016 die junge Carrie Fisher und (den damals lange verstorbenen) Peter Cushing aus der ersten Trilogie wiedervereinte und die Fans zu Tränen rührte, sind solche Mash-ups keine Aufregung mehr wert. In „Gemini“ von Ang Lee kämpft Will Smith gegen sein dreißig Jahre jungeres Alter Ego, für „The Irishman“ verjüngte Martin Scorsese seine Stars Robert de Niro und Joe Pesci für viel Geld zurück in die „Goodfellas“-Zeit.
Die Animationsstudios Hollywoods haben inzwischen auch das Phänomen des uncanny valley (die Ähnlichkeit zwischen Original und Fake ist gerade so gut, dass der Effekt eher unheimlich wirkt) in den Griff gekriegt. Und so stellt sich die Frage, ob KI irgendwann die Heerscharen teurer CGI-Expert:innen überflüssig macht. Im Netz ist bereits ein neues Genre digitaler Fan Fiction entstanden, die den jungen Jerry Seinfeld in „Pulp Fiction“ hinein collagiert (inklusive Sitcom-Dosengelächter) oder den faltenfreien Brad Pitt in die Rolle von Jason Bourne schlüpfen lässt.
Im Moment ist das noch ein lustiger Zeitvertreib, er zeigt aber die technischen Möglichkeiten in einer Zeit auf, in der „Realität“ unter anderem eine Frage von Rechnerleistung ist. KI wird nicht nur die Arbeitswelt verändern, sondern auch das Storytelling. Wenn es den Algorithmen gelingen sollte, Emotionen authentisch zu sampeln, wäre die Filmgeschichte (wie heute schon in der Popmusik zu beobachten) frei verfüg- und kombinierbar. Der Definition von „geistigem Eigentum“ wären keine Grenzen mehr gesetzt.
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