Carsten Schmidt verlässt Hertha BSC

Am Sonntag hat Carsten Schmidt Geburtstag gefeiert. Der Vorstandschef von Hertha BSC ist 58 geworden, und wie das in einer digitalisierten Welt üblich ist, hat ihm sein Arbeitgeber auch über seine Soziale-Medien-Kanäle gratuliert. Der Glückwunsch auf Herthas Twitteraccount endete mit dem Satz: „Zusammen haben wir noch viel vor.“

Dass das ein bisschen geflunkert war, müssen zumindest die entscheidenden Personen bei Hertha längst gewusst haben. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte Schmidt ihnen bereits eröffnet, dass er den Verein wieder verlassen will – nach gerade mal einem Dreivierteljahr im Amt. Aus persönlichen Gründen zieht es ihn zurück nach München.

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Am Dienstagnachmittag bestätigte Hertha, was der Tagesspiegel zuvor exklusiv berichtet hatte. In einer Pressemitteilung erklärte der Verein, dass Schmidt seine Tätigkeit mit sofortiger Wirkung beendet habe. „Nach vertrauensvollen Gesprächen haben wir seiner Bitte schweren Herzens entsprochen“, erklärte Herthas Präsident Werner Gegenbauer.

Schmidt selbst wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: „Es sind ausschließlich unauflösbare private Gründe aufgrund von Krankheit in meinem direkten familiären Umfeld, die mich zu diesem Schritt veranlassten. Die Arbeit für Hertha BSC hat mir zu jeder Zeit große Freude bereitet.“

Die Aufgaben des bisherigen CEOs werden von den beiden Geschäftsführerkollegen Ingo Schiller (Finanzen) und Fredi Bobic (Sport) übernommen. Ob, wann und mit wem die Stelle wiederbesetzt wird, die erst mit Schmidts Einstellung zum 1. Dezember 2020 geschaffen worden war, ist noch unklar. Aus dem Verein heißt es, dass die Geschäftsführung auch dank Bobic so stabil aufgestellt sei, dass ein Schnellschuss nicht nötig sei – selbst wenn die ersten Reaktionen auf die Nachricht von Schmidts Weggang etwas anderes vermuten lassen.

Der Weggang passt zum Bild von Hertha BSC

Unabhängig von dessen Beweggründen passt sein Rückzug schließlich in das Bild, das der Berliner Fußball-Bundesligist gerade abgibt: Sportlich läuft es nicht, dazu kommen die Reibereien der Klubführung um Präsident Gegenbauer mit dem Investor Lars Windhorst, und nun ruckelt es auch noch in der Geschäftsführung ganz gewaltig.

Dass Schmidts Abschied als dramatisch eingeschätzt wird, hängt auch mit den Hoffnungen zusammen, die mit seiner Anstellung verbunden waren. Der erfahrene Manager kam im vergangenen Herbst vom Pay-TV-Sender Sky, für den er insgesamt 20 Jahre tätig gewesen war. Bei seinem neuen Arbeitgeber hatte er als Vorstandsvorsitzender nicht nur die Gesamtverantwortung für das Unternehmen Hertha BSC, er war auch explizit für die Themen Marketing, Vertrieb, Strategie, Unternehmenskommunikation und Internationalisierung zuständig.

Investor Windhorst twitterte am Dienstagnachmittag: „Seinen Weggang von Hertha BSC bedaure ich zutiefst. Er hatte große Pläne, wie ich weiß … “ Schmidt ging mit viel Elan zu Werke, für seine offene und anpackende Art wurde er auf der Geschäftsstelle sehr geschätzt. Dass er im Zweifel aber auch anders kann, bewies er Ende Januar, als er nach nicht einmal zwei Monaten im Amt, eine einschneidende Personalentscheidung traf: Michael Preetz, seit einem Vierteljahrhundert für Hertha BSC tätig, musste wegen anhaltender sportlicher Erfolglosigkeit seinen Posten als Geschäftsführer räumen.

Ambitionierter sein, das war Schmidts Anspruch

Die Entscheidung fügte sich in den Veränderungsprozess, den Schmidt anstoßen sollte. Den Verein neu aufstellen, ihm moderne Strukturen verpassen und für diese Veränderungen auch die Angestellten auf der Geschäftsstelle begeistern – all das wurde von ihm erwartet. Im Juli stellte Schmidt gemeinsam mit seinen Geschäftsführerkollegen Schiller und Bobic das Projekt Goldelse vor. Über mehrere Monate und mit externer Beratung (Kosten: mehr als 600.000 Euro) waren die Zustände im Verein analysiert worden – um daraus konkrete Handlungsanweisungen für die Zukunft zu entwickeln.

Der Tenor: Der Verein will auf allen Ebenen deutlich ambitionierter werden. Zu Schmidts Eifer für die Sache passte auch seine Reaktion auf das Gerücht, dass die Deutsche Fußball-Liga ihn als möglichen Nachfolger für ihren Geschäftsführer Christian Seifert ins Auge gefasst habe. Wie seriös das Interesse tatsächlich war, ist schwer einzuschätzen. Doch Hertha verbreitete im Juni eine Mitteilung, in der Schmidt wie folgt zitiert wurde: „Meine Zukunft liegt in Berlin bei Hertha BSC. Wir wollen hier alle gemeinsam etwas aufbauen.“

Zuletzt aber wurde Fredi Bobic, offiziell seit dem 1. Juni im Amt, immer mehr als Herthas eigentlicher CEO wahrgenommen. Schmidt trat öffentlich nur noch selten in Erscheinung. Auch Bobic steht für Veränderung, für Innovationen und ein ausgeprägtes Leistungsdenken. Führungslos ist Hertha BSC daher auch nach dem Weggang des Geschäftsführers Carsten Schmidt nicht.