„Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“ im Kino: Lebenslügen und Dichterkunst
Thomas Mann forever. Dieses Jahr feiert die Mann-Gemeinde das Erscheinen des Romans „Der Zauberberg“ vor hundert Jahren.
2025 dann den 150. Geburtstag des 1875 in Lübeck geborenen Literaten, der sich zu einem der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts, zum Literaturnobelpreisträger und zu einer der wichtigsten Exil-Stimmen der bürgerlichen deutschen Kultur gegen den Nationalsozialismus entwickeln sollte.
Biografische Fakten stecken drin in André Schäfers überaus kunstvollem Schriftstellerporträt, doch „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“ geht weit darüber hinaus. In fiktionalen Spielszenen verschmilzt der leichtfüßig erzählte Film, den man eher einen Kunstfilm, denn einen Dokumentarfilm nennen möchte, zwei Leben: Das des Autors und das seiner Romanfigur, des Hochstaplers Felix Krull, mit dem Mann von 1905 bis zum Erscheinen des Romans 1954, fast ein halbes Jahrhundert schwanger ging.
Eine originelle Idee, die durch viele rezitierte Passagen aus Thomas Manns Tagebüchern, die ab 1975 veröffentlicht wurden und in denen die lebenslang verhehlte Homosexualität Manns offen zu Tage trat, untermauert wird.
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André Schäfer lässt Thomas Mann nun in der Figur des Krull als den durch die Welt flanieren, der er hinter der disziplinierten Fassaden wohl auch war: ein selbstverliebter, schillernder Ironiker und Bonvivant, dem Liebschaften eine Inspiration für Kunst und Leben waren. Eine Art glücklicher Oscar Wilde des 20. Jahrhunderts, der – selbst aus gehobenen Kreisen stammend – die Borniertheit der bürgerlichen Klasse samt ihren Spielregeln bis ins Mark versteht.
Am Ende pinselt ein Porträtmaler, dem die Krull-Figur schon eingangs lässig Modell sitzt, dessen Konterfei mit beherzten Strichen in einen gestrengen Thomas Mann um. Eine schöne Pointe hinter der filmischen Erkundung eines Schriftstellers, der – wie alle Mitglieder seiner Zunft – ein Fantast und Hochstapler war.