Wie der Palast der Republik und die Humboldt-Brüder zu Mitbringseln werden
Gäbe es die Möglichkeit, mit dem alten Palast der Republik in eine Art Zwiegespräch zu treten, dann würde man ihn gerne fragen: Ist es schlimmer, abgerissen und durch Preußenprunk ersetzt zu werden, oder ist es schlimmer, in Form von Magneten, Tassen und Geschenkbändern der kapitalistischen Verwertungslogik ausgesetzt zu sein?
Letzteres geschieht aktuell im Museumsshop des Dienstag eröffneten Humboldt Forums in den neu-alten Hallen des wiederaufgebauten Schlosses. Der sozialistische Palast, der für die Neuauflage des preußischen Erbes weichen musste, findet sich im Shop als beliebtes Souvenir-Motiv wieder: Palast der Republik auf Postkarten, Palast der Republik auf Notizblock, Palast der Republik als Schlüsselanhänger.
Besonderes Highlight: Lampen, die den berühmten Palastlampen stark ähneln, hängen im Shop und werden ebenfalls zum Verkauf angeboten: Für schlappe 2495 Euro kann sich jeder ein Stück Palast-Beleuchtung ins Haus holen und an die Decke hängen. Wer es bescheidener möchte, kann auch eine kleinere Variante wählen, Stehlampen sind ebenfalls im Angebot.
Der Palast der Republik ist nicht mehr real existent, aber er ist als Teil der deutsch-deutschen Geschichte eingegangen in das kulturelle Erbe: Ein Erbe, dass sich prima verscherbeln lässt.
Kitsch, Kunstimitate und Exklusivität
Museumsshops sind immer dafür da, aus dem Kunstgenuss auch Profit zu schlagen, da ist das Humboldt Forum kein Sonderfall. Sie bewegen sich meist irgendwo zwischen Kitsch, Kunstimitaten und Exklusivität: Mit Porzellanfiguren, Seidenschals und originellen Geschenken für den Kindergeburtstag geht die Angebotspalette von Museumsshops meist weit über Ausstellungskataloge und Postkarten hinaus.
Im Humboldt Forum ist das nicht nur an den Palast-Reminiszenzen zu erkennen. Geschirr, Schmuck, christbaumähnliche Anhänger, umweltfreundliche Brotboxen, Gesellschaftsspiele und das trojanische Pferd zum Nachbauen finden sich im Sortiment.
Neben dem Palast der Republik gibt es einen weiteres Motiv, was besonders häufig auftaucht: Die für das Forum namensgebenden Brüder. Wilhelm und Alexander sind überall – als ungemein hippe Figuren. Ein Bruderkonterfei ziert den „Espresso Roast“ der Humboldt Kaffeemanufaktur, eine kleine Tüte voll mit Blumensamen sowie Postkarten und Plakate, eingetaucht in popart-artige, neongrelle Farben. Die Krönung dieser Brüder-Produkte sind T-Shirts mit dem Aufdruck „Wilhelm&Alexander&ich.“
Hippe Heldenverehrung?
Die Botschaft mag reizend sein: „Ich“ in einer Reihe mit zwei bedeutenden deutschen Denkern, deren Taten und Namen auch Jahrhunderte später als sinnstiftend und selbstvergewissernd für das museale Großprojekt der Nation wirken. Aber auch, wenn der Spruch lässig scheint und die Idee witzig: Letztlich handelt es sich doch nur um eine besonders spitzfindige Art der Heldenverehrung, die auf den T-Shirts fortgeschrieben wird.
Gerne würde man mit Wilhelm und Alexander darüber diskutieren, ob sie selbst der Meinung sind, dass sie noch als Identifikationsfiguren der aktuellen deutschen Gesellschaft taugen, und am liebsten würde man sie dafür in den Palast der Republik setzen. Aber Wilhelm und Alexander sind tot und der Palast abgerissen.
Mit seinem besonderen Angebot wird der Museumsshop selbst ein weiterer Ausstellungsraum. Dabei erzählt er sehr viel über Erinnerungskultur und Personenkult, über Kunst und die Logik des Konsums.
Inhaltliche Zerreißproben
Der Palast der Republik musste unbedingt weichen, wird aber im für alle auch ohne gebuchtes Zeitfenster zugänglichen Museumsshop nun in vielfacher Form zur Stilikone. Ebenso die Humboldt-Brüder. Sie sollen die Personifizierung der Wissenschaft und des Strebens nach Austausch und Vermittlung sein.
Doch so, wie die pseudo-historischen Hallen als moderner Museumsort der Gegenwart und Zukunft weiter einer inhaltlichen Zerreißprobe ausgesetzt sein werden, so werden es auch die Humboldt-Brüder selber sein – im besten Fall. Dafür müsste man einer Glorifizierung der Brüder à la „Wihelm&Alexander&ich“ entgegenwirken.
Die nützt nur als modisches Accessoire, nicht aber als Hilfestellung zur kritischen Auseinandersetzung mit zwei historischen Persönlichkeiten, an denen man sich auch reiben kann. Im Museumsshop kommen all diese Fragen und Gedanken zusammen und vernetzen sich miteinander – dafür allein lohnt sich der Besuch, auch wenn man keine von Erichs Lampen kaufen möchte.