Auftakt des F-Festivals im Ballhaus Prinzenallee: Twerken gegen das Patriarchat
Oberkörperfrei in einem Theaterraum stehen – das dürfte für die meisten Zuschauer:innen im Ballhaus Prinzenallee eine neue Erfahrung gewesen sein. Doch viele aus dem anfangs schüchtern wirkenden Publikum lassen sich am Montagabend auf diesen Teil der „Booty Therapy Party“ von Maïmouna Coulibaly ein, mit der das bis Sonntag laufende F-Festival – (F for Fuck the patriarchy) beginnt.
Es ist die dritte Ausgabe des Formats, bei dem es anlässlich des Frauenkampftages am 8. März wieder um Empowerment, Lautsein und Body Positivity gehen soll. Das vielfältige Programm reicht von Theateraufführungen über Workshops bis hin zu Panels und Lesungen. Eingeladen sind Kollektive und Künstlerinnen mit unterschiedlichen Perspektiven.
So dreht sich etwa Martha Krögers Tanzperformance „Collapsing Beautifully – Meine Erinnerung ist genauso wichtig wie deine“ um weibliche Erinnerung an die DDR und um den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Das Kollektiv ohne Konsens beschäftigt sich in „Allmacht“ mit Weltraumtourismus und Anne Marina Fidler erforscht in der autobiografischen Solo-Performance „Slut: A Love Story“, wie Sexarbeit, Liebe und Technologie ihre Identität geformt haben.
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© Seval Tekdal
Der Auftaktabend beginnt mit einem von der Choreografin, Tanzlehrerin und Performerin Maïmouna Coulibaly moderierten Panel, auf dem neben ihr noch die Fotografin Caro Gugu, DJ und Mediatorin Iree Star sowie die Burlesquetänzerin Juliette Dragon sitzen – alle verstehen sich auch als Aktivistinnen.
Gemeinsam sprechen sie über die (Un-)Sichtbarkeit von Frauen auf Bühnen, Body Positivity und auch die Binarität von Geschlecht wird diskutiert. Als Ausgangspunkt dienen ihnen Zitate der US-amerikanischen Autorin und Aktivistin Bell Hooks. Die ihrem berühmten Buch „All About Love“ entnommenen Sätze trägt Maïmouna Coulibaly vor, die in Frankreich aufwuchs und jetzt in Berlin lebt.
Einig sind sich alle in der Runde, dass „die Zerstörung des Patriarchats“ ein Ziel sei, das die Gendergrenzen, überschreiten müsse. Die Frage, wie dieses Ziel erreicht werden kann, wird am Ende des Panels an das Publikum weitergegeben – das Mikrofon wird einmal durch den gesamten Zuschauerraum gereicht, Coulibaly besteht darauf, dass alle etwas sagen.
Nach der kurzen Pause und einem Besuch der Bar im Foyer kehrt das Publikum in den Saal zurück, der mittlerweile in blau-violettes, nebliges Scheinwerferlicht getaucht ist.
Mitreißende Burlesque-Einlage
Die nun gezeigten Tanzeinlagen sind feurig, energiegeladen und sexy. Die Körper, die sich auf der Bühne zur Musik bewegen, haben unterschiedliche Formen und Farben – und sie alle scheinen sich wohlzufühlen. Das Publikum klatscht bei den Twerking-Performances im Takt mit, kreischt während der Burlesque-Einlage von Juliette Dragon immer lauter, je weniger Kleidung sie trägt, und ist begeistert, als schließlich auch Maïmouna Coulibaly zeigt, was sie kann.
Coulibaly beendet den Abend oberkörperfrei, eine Praxis, die für sie auf der Bühne normal sei. Sie spricht von ihrem Aufwachsen mit der westafrikanischen Kultur ihren aus Mali stammenden Eltern, davon, dass der Körper einer Frau im Allgemeinen und ihre Brüste im Speziellen nicht immer sexualisiert werden sollten, und lädt das Publikum dazu ein, es ihr gleichzutun.
Man sieht ihr ihre Überraschung deutlich an, als tatsächlich eine Frau nach der anderen aus dem anfangs noch so zurückhaltenden Publikums ihr Oberteil und dann auch ihren BH auszieht. Dass die anwesenden Frauen sich dazu wohl genug gefühlt haben, dürfte der Verdienst aller beteiligten Künstler:innen gewesen sein, die sich an diesem Abend gezeigt haben – mit ihren Körpern, aber auch mit ihren Wünschen und Hoffnungen für eine feministischere Welt.