Akustische Umweltverschmutzung: Hört der Krach denn niemals auf?
„Du bist aus Eisen oder taub, wenn unter so misstönendem Geschrei je deine Gedanken in Ordnung bleiben!“ Über den Geräuschpegel ihrer Umwelt haben sich die Menschen schon immer aufgeregt. Das einleitende Zitat stammt aus dem ersten Jahrhundert nach Christus – dem römischen Philosophen Seneca entfuhr dieser Stoßseufzer.
„Früher gab es nicht weniger Lärm, er war nur anders“, ist in Kai-Ove Kesslers Buch „Die Welt ist laut“ zu lesen. Und der Krach war noch nicht überall gleichmäßig verteilt, so wie heute. Als Metropolenbewohner verdrängt man das allerdings gerne.
Ringsrum nur Olivenbäume, Agaven, Kakteen. Aber dann…
In den vertrauten Straßenschluchten nimmt man die akustische Dauerbelästigung hin – und erhofft sich vom Urlaub auf dem Lande umso mehr die Idylle abseits der Zivilisation. Kein Wunder, dass der Städter erschreckt, wenn er sich auch hier draußen unerwartet mit Krach konfrontiert sieht.
Meine Frau und ich waren im Spätherbst im Salento, also am Hacken des italienischen Stiefels. Von der asphaltierten Straße mussten wir auf einen Feldweg abbiegen, nach rund einem Kilometer auf durchlöcherter Sandpiste erreichten wir schließlich das Ferienhäuschen. Ringsherum nichts als Olivenbäume, Agaven und Kakteen. Okay, ein paar weitere Gebäude gab es in der Umgebung dann doch. Aber jetzt, in der absoluten Nebensaison, schienen sie verwaist.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Denkste! Von der linken Seite dröhnten ab dem Nachmittag die Bässe der monumentalen Stereoanlage des kaum sichtbaren Nachbarn herüber, aus Westen schallte frühmorgens eine wildgewordene Alarmanlage. Im Osten wurde ein Bungalow zu Ende gebaut und gegenüber war der Gärtner zugange. Obwohl kaum Vegetation vorhanden war, ließ er stundenlang den Rasenkanten-Schneider dröhnen – die fieseste Erfindung zur Qual des menschlichen Gehörs, direkt nach dem Laubbläser. Madonna, was für ein Sound! Fortissimo con fuoco.
Wird jemals wieder Ruhe einkehren auf der Welt? Der Komponist Gustav Mahler hatte vor mehr als einem Jahrhundert noch die Hoffnung, „dass die Menschheit in irgendeiner späteren Epoche gegen Geräusche so empfindlich sein wird wie jetzt etwa gegen Gestank und dass es die schärfsten Strafen und öffentlichen Maßregeln gegen Verletzung des Gehörs geben wird.“ Sein Wort in Gottes Ohr.